Heute denken wir beim Stichwort Klima vor allem an den Klimawandel. Das war aber nicht immer so – das Verhältnis der Menschen zum Klima hat sich im Laufe der Geschichte mehrfach gewandelt. Daraus können wir lernen. Ein Vortrag der Kulturhistorikerin Eva Horn.
Eigentlich ist mit dem Begriff Klima ursprünglich eine klimatische Zone gemeint, eine Gegend, in der die ihr eigenen Bedingungen herrschen, weil die Sonne dort in einem bestimmten Winkel auf die Erde trifft. Das Wort Klima kommt vom griechischen Wort für "Neigung": Der Einstrahlungswinkel der Sonne wärmt die Erde an unterschiedlichen Orten unterschiedlich stark.
Klima wird historisch unterschiedlich wahrgenommen
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts glaubten viele, dass es eine enge Verbindung zwischen Klima und Kultur gäbe. Die klimatische Zone, in der Menschen leben, beeinflusst das Sozialleben und den Charakter, so glaubte man.
Heute gilt diese Annahme als äußerst problematisch, sagt Eva Horn. Denn mit der Verbindung von Klima und Kultur wurden Gesellschaften stereotypisiert und oftmals rassistisch diskriminiert. Eva Horn ist Literaturwissenschaftlerin und Kulturhistorikerin und hat gerade ein Buch darüber geschrieben, wie das Klima im Laufe der Geschichte unterschiedlich wahrgenommen wurde.
"Entweder haben wir die absolute Ordnungsmacht oder wir haben einen Krieg aller gegen alle – das ist das, was ich die Hobbesianische Alternative nenne. Die sehe ich in heutigen Fantasien über den Klimawandel wieder."
In der Moderne, erzählt Eva Horn in ihrem Vortrag, wurde die Verbindung zwischen Klima und Kultur nach und nach immer weiter aufgelöst. Klima wurde zu einer Ressource – zu etwas, das eine Gesellschaft nutzen kann, aber nicht etwas, das sie bestimmt.
Die "Hobbesianische Fantasie"
Heute nehmen wir Klima vor allem als Risiko und Katastrophenszenario war, sagt Horn. Der Angst vor den Auswirkungen des Klimwandels begegnen wir mit einem alten Denkmuster, das Eva Horn nach dem Philosophen Thomas Hobbes als Hobbesianische Fantasie bezeichnet: Entweder, wir geben alle Macht an eine übergeordnete Instanz, die die notwendigen Regeln durchsetzt, oder es herrscht ein Krieg aller gegen alle.
"Die Frage ist: Was können wir mit diesem alten Kram anfangen? Das wäre zunächst einmal ein Verständnis von Kultur als ein Sich-Einrichten im Klima."
Wie können wir diesem Denkmuster entkommen? Gibt es eine Alternative? Ja, sagt Eva Horn. Wir bräuchten wieder eine stärkere Verzahnung von Klima und Gesellschaft. Wir sollten Klima als eine Grundlage unseres Zusammenlebens und des Politischen sehen.
Als Kultur müssten wir lernen, uns im Klima einzurichten. "Das bedeutet: ein Sich-Einrichten in bestimmten Landschaften, auch in den Grenzen, die diese Landschaften bilden – auch eine Identität ausbilden in Bezug auf dieses gemeinsame Geteilte."
Eva Horn ist Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Wien. Ihr Vortrag hat den Titel "Klima und Gemeinschaft". Sie hat ihn am 2. Juli 2024 an der Humboldt-Universität zu Berlin gehalten im Rahmen der Vorlesungsreihe "Theorie und Gesellschaft" des Arbeitsbereichs Allgemeine Soziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin.
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