Bald starten die Parlamentswahlen in Indien. Eine Partei ließ dank KI einen verstorbenen Parteiführer bei einer Wahlkampfveranstaltung sprechen. Auch Premierminister Narendra Modi nutzt die Technik, warnt vor ihr – will aber keine strengeren Regeln.
Muthuvel Karunanidhi ruft die Jugend via Videobotschaft bei einer Wahlkampfveranstaltung auf, sich zu engagieren. Er ist der langjährige Regierungschef des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu. Aber: Er ist seit 2018 tot. Künstliche Intelligenz (KI) macht das möglich, als Vorlage dienten alte Sprachaufnahmen.
Der Politiker sei sehr beliebt gewesen, deshalb war den Anwesenden wahrscheinlich klar gewesen, dass es sich um eine Animation handelt, erklärt ARD-Korrespondentin Charlotte Horn. Jüngere Besucher oder solche, die bei der Veranstaltung weiter hinten standen, die konnten das vielleicht nicht gleich sehen.
Vorteile für Parteien durch KI-Wahlkampf
"Wenn man das Video anschaut, sieht man: Er ist schlecht animiert, unscharf, die Zähne wackeln. Eigentlich sieht man sofort: Das ist Fake", ordnet Charlotte Horn ein. Die Anwesenden meinten aber zumindest, dass die Stimme sehr echt klang.
Am 19. April beginnen die Parlamentswahlen in Indien. Und dass ein toter Politiker vor der Wahl durch KI wieder aufersteht, ist zwar ein extremes Beispiel. Doch Künstliche Intelligenz ist im indischen Wahlkampf präsent: Ein verhafteter Politiker schrieb eine Rede im Gefängnis, KI generierte dank alter Aufnahmen eine gesprochene Rede.
KI zu nutzen, bringt Aufmerksamkeit. Premierminister Narendra Modi setzt auch auf die Technologie. In einer eigenen Modi-App werden Reden von ihm übersetzt. So kann er Wählerinnen und Wähler im Süden erreichen, deren Sprache Tamil er nicht beherrscht. Die KI übersetzt simultan.
"Im Prinzip können politische Akteure im Wahlkampf gerade tun und machen, was sie wollen."
Aus rechtlicher Sicht gibt es bei KI einen Graubereich in Indien, erklärt ARD-Korrespondentin Charlotte Horn. Das Datenschutzgesetz sei veraltet, Phänomene wie Deep Fakes erwähnt es nicht. "Das heißt: Im Prinzip können politische Akteure im Wahlkampf gerade tun und machen, was sie wollen."
Die Parteien nutzen Künstliche Intelligenz außerdem, um Daten zu analysieren. Im bevölkerungsreichsten Land der Erde können die Parteien so sehr gezielt Werbung versenden. Experten warnen, dass das zu Wählertäuschung führen könnte. Sie fordern: KI-gestützte Werbung sollte gekennzeichnet werden.