Kristina Shelia ist Sängerin und stammt aus Georgien. Um in Deutschland anzukommen, musste sie erst einmal abhauen. Beim zweiten Versuch lief es besser.
Es gibt Menschen, mit denen teilen wir unser halbes Leben. Zum Beispiel, weil wir zehn Jahre mit ihnen zusammen in einer Klasse sind. Und trotzdem verschwinden sie aus unserer Erinnerung. So als hätten sie in unserem Leben nie existiert. Und dann gibt es Menschen, die treffen wir nur kurz. Vielleicht nur ein einziges Mal im Leben. Und trotzdem begleiten sie uns. Weil wir uns an sie erinnern. So ein Mensch ist Kristina Shelia.
Wiedersehen nach zehn Jahren
Zehn Jahre ist es her, dass Kristina mit ihren Eltern aus Georgien nach Deutschland gekommen ist. Sie landete in Rüdersdorf, einem Vorort von Berlin. Dort traf sie bei einem Schulkonzert auf Jenny Genzmer, die Autorin dieser Geschichte. Die beiden Mädchen verstanden sich sofort, obwohl Kristina damals noch nicht viel Deutsch sprach. Sie haben sich ein paar Mal getroffen, dann war Kristina Shelia plötzlich weg - und Jenny Genzmer hat sich ihrem Leben gewidmet. Schule, Abitur, Auslandsaufenthalt - was man halt so macht, wenn das Erwachsenenleben gerade beginnt.
Trotzdem muss Jenny Genzmer immer wieder an die junge Georgierin denken, die bei den Proben zum Schulkonzert damals so wunderschön gesungen und dazu Gitarre gespielt hat. Vor allem dann, wenn sie auf Berichte über die politische Situation in Georgien stößt. Sie macht Kristina in Berlin ausfindig und trifft sich mit ihr.
"Weißt du warum ich dich noch sehr, sehr gut in meiner Erinnerung habe? Weil du, glaube ich, die erste warst in Deutschland, die mich als Person akzeptiert und gesehen hat."
Vier Jahre nach ihrem Wiedersehen berichtet Kristina noch einmal, wie sehr sie mittlerweile in Deutschland angekommen ist und wieso Ankommen auch viel mit Bauchgefühl zu tun hat.
Ankommen hat auch mit dem Bauch zu tun
"Das ist genau das, was dieses Ankommen ausmacht: Es beginnt nicht nur im Kopf, es ist eine Harmonie zwischen Herz und Kopf."
Die Geschichte mit Kristina hat Einhundert-Autorin Jenny Genzmer noch einmal gezeigt, dass man doch nicht so viel auf Gegenstände geben sollte. An den Armreif, den Kristina Jenny zum Abschied geschenkt hatte und der Jenny irgendwann in einem Schwimmbad geklaut wurde, konnte Kristina sich bei ihrem Wiedersehen gar nicht mehr erinnern. Dabei war es Jennys schlechtes Gewissen über den Verlust ihres Freunschafts-Armreifes, der sie davon abgehalten hatte, sich bei Kristina zu melden.
Alle Geschichten vom Ankommen gibt es hier:
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