Die USA sind die größte Schutzmacht Israels. Die Hamas wird finanziell vom Iran unterstützt. Bei der aktuellen Eskalation im Nahen Osten gibt es verschiedene Akteure – mit jeweils ganz unterschiedlichen Zielen.
Der Angriff der Hamas auf Israel hat unterschiedliche Dimensionen, die sich auch auf andere Länder auswirken, erklärt Thomas Jäger, Professor für internationale Politik und Außenpolitik an der Uni Köln.
- Eine Dimension des Konflikts sei die kriegerische Auseinandersetzung – aktuell noch lokal begrenzt. Eine Ausweitung der Angriffe auf andere Akteure wollen viele Länder verhindern.
- Eine weitere Dimension kann die Auseinandersetzung mit Informationen sein: Zum einen kann durch Informationen Unterstützung organisiert werden, zum anderen wird dadurch versucht, Narrative zu bilden und politische Meinungsbilder zu manifestieren.
"Bei einer Auseinandersetzung im Informationsraum geht es auch darum, Narrative in den Köpfen festzusetzen – und damit auch Einfluss zu nehmen auf die politische Meinungsbildung."
Auswirkung der Eskalation auf andere Länder
USA
Die USA haben sich klar auf der Seite Israels positioniert, sie sind seit vielen Jahren mit Israel verbunden und verstehen sich als Schutzmacht. In der Vergangenheit wurde Israel mehrfach durch die Sicherheitsgarantien der USA unterstützt, erläutert Thomas Jäger.
Aktuell unterstützen die USA Israel militärisch durch das Luftabwehrsystem "Iron Dome" (dessen Entwickung die USA finanziell unterstützt haben) und durch Munitionslieferungen. Zudem möchten die USA eine Auseinandersetzung an zwei Fronten verhindern: Deshalb haben sie einen Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer entsandt – um den Libanon davon abzuhalten, die Eskalation zu verschärfen und einzugreifen.
EU
Auch aus der Europäischen Union kommt Unterstützung: Europa steht Israel zur Seite, so EU-Präsidentin Ursula von der Leyen nach den Terroranschlägen der Hamas. Die humanitäre Unterstützung für das palästinensische Volk werde nicht infrage gestellt, betonte sie. "Dennoch ist es wichtig, dass wir unsere finanzielle Unterstützung für Palästina sorgfältig überprüfen. Die Hamas oder andere terroristische Organisation wurden nie von der EU finanziell unterstützt und werden das auch in Zukunft nicht. Wir werden nun das gesamte Unterstützungsportfolio angesichts der Situation vor Ort erneut überprüfen."
Iran
Der Iran hat ein Interesse an einem Krieg in Israel, erläutert Thomas Jäger. Denn zum einen sind sie Unterstützer der Hamas und der Hisbollah. Und zum anderen sei es ihnen wichtig, dass zwei ihrer territorialen Gegenspieler, nämlich Israel und Saudi-Arabien, ihre Beziehungen nicht noch weiter vertiefen.
Eigentlich wollten die arabischen Staaten erst dann Gespräche oder Beziehungen mit Israel beginnen, wenn die Fragen rund um die Palästinenser geklärt wären, sagt Thomas Jäger. In der jüngeren Vergangenheit wurden dann aber bereits Beziehungen auch ohne Klärung dieser Fragen begonnen. Laut Thomas Jäger ist das absolut nicht im Interesse des Iran. Eine Eskalation im Nahost-Konflikt unterbreche diese Annäherung zunächst.
Russland
Russland hat ein vielfältiges Interesse an einer Eskalation im Nahost-Konflikt, sagt Thomas Jäger. Seit dem Krieg gegen die Ukraine haben sich bis auf Syrien und Iran alle arabischen Staaten von Russland distanziert. Die Beziehung zwischen Iran und Russland seien strategisch wertvoll für Putin. Denn Russland möchte vom Iran lernen, wie man Sanktionen umgeht – der Iran mache das schon seit vielen Jahren. Außerdem hätte Russland Interesse an der Lieferung von Kriegsmaterial durch den Iran.
"Es gibt Daten, die beweisen, dass Russland Interesse daran hat, im Nahen Osten einen Krieg loszutreten."
Einer der größten Vorteile für Russland – und das ist bereits jetzt, knapp eine Woche nach dem Angriff der Hamas zu beobachten – ist der, dass sich die Aufmerksamkeit verschiebt: weg vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, hin zu Israel und dem Gazastreifen.
Außerdem hat es die Ukraine aktuell schwerer, an Hilfen von Verbündeten zu kommen, erklärt Thomas Jäger – da der Nahost-Konflikt für viele gerade Vorrang hat.
Und: Weltweit könnten die pro-palästinensischen Demos zu einer politischen Meinungsspaltung führen. Für Russland wäre es hilfreich, wenn es dadurch zu einem Anti-Amerikanismus kommt, so der Politikwissenschaftler.