Seit zwei Jahren kämpfen im Sudan die sudanesischen Streitkräfte und die RSF-Miliz um die Macht. Das Ausmaß der humanitären Katastrophe ist riesig. Wie man in so einer Situation trotzdem Hilfe leistet, sagt Sarah Wimaladharma vom UNHCR.
Der Bürgerkrieg im Sudan ist die größte humanitäre Krise auf der Welt, sagen die Vereinten Nationen. Für deren Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) arbeitet Sarah Wimaladharma. Sie versucht mit ihrem Team der Zivilbevölkerung zu helfen, die unter dem Krieg leidet.

Sarah Wimaladharma arbeitet seit Oktober 2023 für das UNHCR. Ihre Hauptaufgabe ist das Fundraising für die Hilfsprogramme im Sudan. Aus Sicherheitsgründen arbeitet sie in Nairobi in Kenia, steht aber ständig in Kontakt mit ihrem Team im Sudan. Dort, wo es die Sicherheitsbedingungen im Sudan zulassen, hat das UNHCR Büros eingerichtet.
Brutale Gewalt gegen die Zivilbevölkerung
Zwei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs hält die Gewalt gegen die Bevölkerung unvermindert an. Am 14. April berichten die Vereinten Nationen von gezielten Angriffen der RSF-Miliz auf ein Flüchtlingslager im sudanesischen Samsam. "Es sind mehr als 400 Menschen getötet worden", sagt Sarah Wimaladharma.
In dem Camp in der Darfur-Region haben Schätzungen zufolge Hunderttausende Menschen Zuflucht vor dem Bürgerkrieg gefunden. Tausende sind nach der Attacke in die Stadt Al-Faschir im Norden Darfurs geflohen, erklärt Sarah Wimaladharma. "Diese Stadt ist jedoch auch seit fast einem Jahr belagert und die Situation dort war schon vor einem Jahr nicht gut."
Was ist die Ursache für den Bürgerkrieg im Sudan?
Für die ARD-Korrespondentin Anna Osius, die ihren Sitz im Hörfunkstudio Kairo hat, war es lange nicht möglich, in den Sudan zu reisen. Im Februar 2025 konnte sie endlich das Land bereisen und von dort aus berichten. Aus ihrer Sicht ist Grund für den Bürgerkrieg banal.
"Es kämpfen zwei Männer um die Macht im Land – koste es, was es wolle."
Es geht um den Machtkampf zwischen Machthaber Abdel Fattah Abdelrahman Burhan und seinem ehemaligen Vize Mohammed Hamdan Daglo. Die Armee kämpft gegen die von Daglo angeführten Rapid Support Forces (RSF). Auslöser war, dass die RSF-Miliz in die sudanesische Armee integriert werden sollte. Das lehnt Daglo ab.
Armee und RSF-Miliz sind ungefähr gleich stark, erklärt Anna Osius. "Und sie gehen ohne Rücksicht gegen die Zivilbevölkerung vor." Es wird in Wohngebieten gekämpft und aus er Luft bombardiert, ohne auf die Zivilbevölkerung Rücksicht zu nehmen. Die Folge: 14 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Gewalt und Krieg. Davon sind 12 Millionen Binnenflüchtlinge, sagt die ARD-Korrespondentin. Die anderen zwei Millionen sind ins Ausland geflohen.
"Man muss sich das mal vorstellen. Das ist, als würden alle Einwohner der deutschen Großstädte Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt gleichzeitig flüchten."
Die Menschen auf der Flucht brauchen dringend Hilfe, sagt Anna Osius. Aber auch ungefähr die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung ist akut von Hunger bedroht. "Da reden wir über etwa 25 Millionen Menschen", ergänzt die Korrespondentin.
Viele sind in die Hafenstadt Port Sudan geflohen, weil diese bisher von den Kämpfen verschont geblieben ist. In der Stadt wurden provisorische Flüchtlingsunterkünfte beispielsweise in Schulen eingerichtet. Die Menschen hoffen, wieder in ihre Häuser zurückkehren zu können. Doch diejenigen, die in die Gebiete zurückgekehrt sind, in denen nicht mehr gekämpft wird, "stehen oft vor dem Nichts, weil die Häuser und alles völlig zerstört wurden", sagt Anna Osius.
Besonders hart getroffen vom Bürgerkrieg ist die Region Darfur, wo die RSF-Miliz besonders grausam gegen die Bevölkerung vorgeht mit Massenerschießungen, Vergewaltigungen und der Zerstörung ganzer Dörfer, berichtet die Korrespondentin. In der Region fand schon vor einigen Jahren eine ethnische Säuberung statt, weil die arabischstämmige gegen die afrikanischstämmige Bevölkerung vorgegangen ist. "Und genau das wiederholt sich", erklärt sie.
Kriegsparteien im Hintergrund
Im Hintergrund werden die beiden Kriegsgegner mit Geld und Waffenlieferungen unterstützt: Burhan von Saudi-Arabien und von Ägypten und Daglo von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ihr Interesse sind die fruchtbaren Böden und Bodenschätze im Sudan. Eine Bereitschaft, den Bürgerkrieg zu beenden, ist weder bei Burhan noch bei Daglo zu erkennen.
Zigtausende täglich auf der Flucht
Sarah Wimaladharma und ihrem Team bleibt nur die Möglichkeit, die größte Not zu lindern, die Menschen mit lebensrettender Medizin, Wasser und Lebensmittel zu versorgen. Auch eine psychologische Versorgung wird angeboten, doch meist reiche es über die Erste Hilfe nicht hinaus. Täglich sind 15.000 bis 20.000 Menschen auf der Flucht, sagt die UNHCR-Mitarbeiterin.
Und die Situation wird von Tag zu Tag schlimmer: Durch den Klimawandel beginnt die Regenzeit früher, 2024 war sie besonders stark, Krankheiten wie Cholera, Masern greifen um sich, die Menschen leben auf engstem Raum und das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen. "Gerade geht es wirklich ums nackte Überleben", sagt sie abschließend.
Es müsse dringend mehr humanitäre Hilfe im Sudan ankommen und dann auch dorthin gelangen, wo die Not der Menschen am größten ist, sagt Anna Osius.
Hintergrund
Im Sudan leben mehr als 50 Millionen Menschen. Das Land liegt im Nordwesten Afrikas und grenzt im Norden an Ägypten und Libyen, im Westen an die Republik Tschad, im Süden an die Zentralafrikanische Republik und an den Südsudan, im Osten an Äthiopien und Eritrea und hat dort auch Zugang zum Roten Meer.
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