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Er ist ein Politikum: Der erste Einsatz der Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg im Kosovo entzweit nicht nur die Partei Bündnis 90/Die Grünen, sondern ganz Deutschland.

Als Bundeskanzler Gerhard Schröder am Abend des 24. März 1999 verkündet, dass die NATO mit Luftschlägen gegen serbische Stellungen in der Bundesrepublik Jugoslawien begonnen habe und dass die Bundeswehr sich daran beteilige, ist das der Anfang einer wochenlangen Debatte.

Menschenrechtsverstöße – eingreifen oder nicht?

Sollte der Westen die immensen Menschenrechtsverstöße der serbischen Regierung ignorieren oder mit Waffengewalt eingreifen und den Mord an unschuldigen Zivilisten beenden? Die Debatte beschäftigte die Bevölkerung, besonders hart war die Auseinandersetzung aber bei den Bündnis 90/Die Grünen, die mit der SPD die Bundesregierung stellten.

"Besonders heikel am Bundeswehr-Einsatz im Kosovokrieg ist, dass die rechtliche Grundlage fehlt: Ein Auslandseinsatz muss vom Völkerrecht gedeckt sein. Er muss der Selbstverteidigung dienen oder ein UN-Mandat haben."
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Christine Werner

Auf einem Grünen-Sonderparteitag im Mai 1999 steht Außenminister Joschka Fischer im Zentrum der Kritik. Er hatte gesagt: "Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus", und damit den Kriegseinsatz der Bundeswehr legitimiert.

Grünen-Partei ist gespalten

Ein Teil der Grünen folgt Fischer, ein anderer nicht. Ein Delegierter aus den Reihen der Autonomen wirft ihm einen roten Farbbeutel an den Kopf, Fischer erleidet einen Trommelfellriss, geht aber mit rot bekleckertem Jackett ans Rednerpult und gibt sich unerschrocken. Für manchen sei er der Kriegstreiber, und der serbische Präsident Slobodan Milošević würde dann für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

"Niemand wollte einen Krieg. Wir alle hatten die feste Überzeugung, dass Milošević, wie in anderen Fällen auch, bei einem entschlossenen Auftreten beidrehen würde."
Grünen-Politiker Jürgen Trittin, damals Bundesumweltminister

Als der Krieg am 10. Juni 1999 beendet wird, unterzeichnen die NATO und die Bundesrepublik Jugoslawien das Abkommen von Kumanovo. Damit wird der Rückzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo, die Gründung einer Sicherheitszone und die Verpflichtung für die NATO-Truppen die albanische Miliz UÇK, die Befreiungsarmee des Kosovo, zu entwaffnen, beschlossen.

Somit ist der vierte und letzte der "Jugoslawienkriege", die zwischen 1990 und 2000 auf dem Balkan ausgetragen wurden, beendet.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der Historiker und Kosovo-Experte Kurt Gritsch geht den Gründen für den Kosovo-Krieg 1999 nach.
  • Der Militärhistoriker Hans-Peter Kriemann beleuchtet den umstrittenen Einsatz der Bundeswehr.
  • Der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin zeichnet die Debatte im Kabinett und bei dem Bündnis 90/Die Grünen nach.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erinnert an die Hinterlassenschaft des 1981 verstorbenen langjährigen Staatschefs Josip Tito, der die Widersprüche Jugoslawiens mit einer geschickten Politik einhegen konnte.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Christine Werner beschreibt den Beginn der Luftschläge und die Debatte in Deutschland.

Im Bild oben: Bundeswehr-Soldaten des KFOR Kontingents für den Einsatz im Kosovo üben neben einem Schützenpanzer.

Shownotes
Kosovokrieg 1998-1999
Als die Bundeswehr wieder in den Krieg zog
vom 07. Juni 2024
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Christine Werner blickt auf den Beginn der Luftschläge zurück
  • Historiker und Kosovo-Experte Kurt Gritsch
  • Militärhistoriker Hans-Peter Kriemann
  • Ehemaliger Bundesaußenminister Jürgen Trittin