Als Autor Jörg Martin Dauscher in der Hochphase des Lockdowns nach Deutschland zurückkommen sollte, beschließt er: Wenn schon abgeschieden, dann richtig – und zieht in eine einsame Blockhütte im kosovarischen Hochland. Dort lernt er schnell: Ohne den richtigen Axtschwung geht gar nichts.
Der Blick auf die einsame Blockhütte inmitten von schneebedeckten Tannen und Bergen scheint wie ein Postkartenmotiv. Ein Idyll in der unberührten Natur. Für Jörg Martin Dauscher war die Blockhütte auf der Hajla, einem Berg im Dinarischen Gebirge zwischen Montenegro und dem Kosovo, im Dezember 2020 mehr als nur ein Postkartenmotiv. Er hat in dem Holzhaus auf 2000 Metern Höhe den vergangenen Winter verbracht – abgeschieden von allen anderen.
Selbstisolation in der Wildnis
Vor seinem Abenteuer mitten im kosovarischen Nirgendwo war der Autor wieder auf dem Weg nach Deutschland. Den Sommer und Herbst hatte er in Südalbanien verbracht. Als sein Visum auslaufen sollte, machte er sich über den Kosovo auf den Weg nach Deutschland.
Weil ihn dort nur der Lockdown erwarten würden, schlug ihm ein Freund vor, den Winter über im Kosovo zu bleiben, an einem Ort, wo Social Distancing schon die Natur vorgibt: in der Wildnis des kosovarischen Hochlands. Isolation für Fortgeschrittene quasi.
Abgeschiedene Schneelandschaft
Die Berghütte gehört seinem Freund Fatos. Die hat er dort hingebaut, um sie im Sommer an Wandergruppen zu vermieten, erzählt Jörg. Dass jemand den Winter auf dem Berg verbringt, war nie der Plan. Jörg hat zwei Tage gebraucht, um die Blockhütte mit dem kleinen Ofen aufzuwärmen.
Das Holzhaus ist im Winter von der Außenwelt abgeschnitten. Sobald in den Bergen Schnee fällt, gibt es nur noch die Möglichkeit, sich zu Fuß zu bewegen. Die nächsten Nachbarn oder Dorfläden sind weit weg.
Es ist unfassbar schön dort, besonders im Winter. Im Rugova-Tal ist man ziemlich in der Wildnis, und das hat eine gewisse Dramatik – diese Dramatik wirkt auf einen."
Am Ende seiner Zeit in der Hütte gab es deshalb nur noch Reis mit Brühe für ihn. Irgendwann waren seine Vorräte aufgebraucht – viel konnte er nämlich nicht mitnehmen. Als sein Freund Fatos ihn mit dem Auto nach oben brachte, war in dem kleinen Pkw gerade mal Platz für eine Bananenkiste voll Lebensmittel.
Und weil Jörg vor seinem Bergabenteuer nur die Möglichkeit hatte, seinen Lebensmittelvorrat kurz vor der nächtlichen Ausgangssperre einzukaufen, blieben ihm 30 Minuten, um in einem kleinen Supermarkt zu entscheiden, was er für die nächsten Wochen an Lebensmitteln brauchen würde.
"Als die Vorräte knapp wurden, habe ich gedacht: 'Okay, jetzt müssen wir echt ein bisschen aufpassen'", erzählt er. Panik, plötzlich ohne etwas zu essen dazustehen, hatte er aber keine. In der Küche hat er zuvor noch Säcke voll Reis, Pasta und Mehl entdeckt. "Was mich heftig getroffen hat, war, als der Tee leer war. Das fand ich scheiße."
Holz hacken und die Natur genießen
Auf 2000 Metern Höhe bestand sein Alltag vor allem darin, Holz zu hacken, damit das Blockhaus auch warm bleibt. Das heißt: Jeden Tag raus in die Kälte, durch die meterhohen Schneeberge und dort zwei bis drei Mal Holzstücke mit der Axt zerkleinern.
Hatte er dann Feierabend vom Holzhacken, hat er vor allem eins gemacht: den Anblick der Natur genossen. "Ich habe häufig und lange einfach nur aus dem Fenster geschaut", erzählt er. Von da aus konnte er die Wolken beobachten, die durch die Wälder gezogen sind. Und im Hintergrund hörte er das Feuer im Ofen knistern.
"Stell dir vor, du hast schlechtes Wetter, und die Wolken ziehen vor dir durch die Wälder. Du sitzt drinnen, das Feuer knackt, deine Füße sind am Ofen hochgelegt und du liest gerade ein Buch – das ist unfassbar großartig."
Im Gespräch mit Rahel Klein erzählt Jörg Martin Dauscher, wie sein Alltag auf 2000 Metern Höhe genau aussah, wie es sich in einer Berghütte ohne Strom lebt und wie es sich anfühlt, wenn man fernab von allem auf einem Berg eingeschneit ist.