In unserem Gehirn gibt es eine Region, die wie ein Türsteher für unangenehme Gedanken funktioniert. Dafür müssen wir sie allerdings trainieren – das geht mithilfe von Konzentration.
Gedanken über die aktuelle Weltlage mit dem Krieg in der Ukraine, Corona oder dem Klimawandel können belastend sein. Vielleicht wünschen wir uns dann auch mal abzuschalten und bestimmte Gedanken nicht zu denken. Wir können unser Gehirn tatsächlich trainieren, eine Art Blitzableiter oder auch Türsteher für unangenehme Gedanken zu sein.
Proaktives Ablenken: Blitzableiter für Gedanken
Möglich ist das zum einen durch proaktives Ablenken. Das heißt: Es geht darum etwas zu machen, was den Kopf fordert und uns aus unserem Gedankenzelt herausreißt. Das kann zum Beispiel eine Unterhaltung oder ein Spiel sein, sagt Neurowissenschaftler Henning Beck.
Forschende aus Deutschland und Schweden haben in einer Studie herausgefunden, dass das Spielen von Tetris Traumapatient*innen helfen konnte, negative Gedanken-Flashbacks zu reduzieren.
Das Gehirn sollte auf eine Art gefordert werden, "damit es erkennt: Dieser eine Gedanke, der mich zum Grübeln gebracht hat, der ist jetzt nicht mehr so wichtig – ich muss jetzt ein Spiel spielen", erklärt der Neurowissenschaftler.
"Man kann dem Gehirn so eine Art Blitzableiter geben, indem man eine andere Aktion macht, die einen geistig fordert."
Damit unser Gehirn zum Blitzableiter wird, sollten wir Routineaufgaben oder leichten Ausdauersport vermeiden. Sport helfe erst dann, wenn wir einen Flow-Zustand erreichen, wir also alles andere um uns herum vergessen oder es nicht mehr so dringlich erscheint.
Der Türsteher im Gehirn
Das Gehirn kann auch lernen, bestimmte Gedanken herauszufiltern. Sie kommen dann nicht mehr in unser Bewusstsein. Das kann zum Beispiel bei unangenehmen Erinnerungen helfen, die durch einen Schlüsselreiz wieder in unseren Kopf zurückkehren.
Im Gehirn gibt es eine Region, die wie ein Türsteher funktioniert, erklärt der Neurowissenschaftler: die vordere Gürtelrinde. Sie filtert alles raus, woran wir nicht denken möchten. Selbst wenn ein Schlüsselreiz auftaucht, erkennt sie den Gedanken und filtert ihn, damit er unbewusst bleibt und wir quasi die kognitive Kontrolle behalten.
"Die vordere Gürtelrinde entscheidet, wer ins Bewusstsein vordringen darf und wer nicht."
Mit Konzentration den Kopf entspannen
Darauf können wir die vordere Gürtelrinde mit Konzentrationsübungen trainieren. "Je mehr du lernst, dich auf Sachen zu fokussieren, desto mehr trainierst du auch diese Region."
Beim Arbeiten können wir zum Beispiel darauf achten, unsere Aufgaben in Zeitblöcke zu portionieren. Das heißt: Wir arbeiten für einen gewissen Zeitraum bewusst konzentriert an unserer Aufgabe und legen dann bewusst eine Pause ein, um im Anschluss wieder konzentriert weiterzuarbeiten.
Multitasking oder das Hin- und Herspringen zwischen unterschiedlichen Informationen überfordert die vordere Gürtelrinde auf Dauer. Das kann dazu führen, dass die Region zum Beispiel viele Nachrichten, die wir auf einmal aufnehmen, nicht mehr klar voreinander trennen kann, erklärt der Neurowissenschaftler.