Streaminganbieter oder Apps werben damit, für jede und jeden den perfekten Sound zum Fokussieren und Konzentrieren parat zu haben. Am besten sind allerdings die Playlisten, die man sich selbst zusammenstellt, meint unser Autor.
Deutschlandfunk-Nova-Reporter Daniel Kähler hat ein Problem: Konzentrieren und Fokussieren im Homeoffice klappt bei ihm zurzeit gar nicht, die Wohnung bietet einfach viel zu viele spannende Ablenkungen. Deshalb ist er auf der Suche nach der perfekten Konzentrationsmusik für sich. Am Ende muss er feststellen: Die beste Playlist ist die, die man ganz individuell erstellt – je nachdem, was man eben gerade braucht.
Playlisten oder App
Erster Versuch: Konzentrationsplaylisten wie "Beats to think", "Instrumental Study" oder "Deep Focus", zusammengestellt vom Streaming-Anbieter Spotify. Also Kopfhörer auf, Musik an und ran an die Arbeit. Zunächst scheint es auch zu klappen mit der Konzentration, doch als plötzlich ein Song mit einem unruhigen Rhythmus kommt, ist Daniel schnell raus aus der eben gewonnen Konzentration. So ganz zufrieden ist er mit diesen Playlisten also noch nicht.
"Ich bilde mir ein, in einem Tunnel zu sein und mich von nichts ablenken zu lassen. Das geht so lange gut, bis plötzlich ein Song in der Playlist mit einem unruhigen Rhythmus kommt, der mich einfach total rausbringt."
Zweiter Versuch: Die App "Brain.fm" aus den USA. Knapp sechs Euro kostet die App pro Monat. Die Hintergrundmusik soll von einer Künstlichen Intelligenz so komponiert worden sein, dass sie nicht ablenkt und gleichzeitig das Gehirn anregt. Manche Userinnen und User sprechen der App in den Bewertungen sogar eine "Zauberkraft" zu.
Musik lässt Dopamin ausschütten
Aber ist das alles Einbildung und Wunschdenken oder kann Musik wirklich beim Fokussieren und Konzentrieren helfen? Der Psychologe und Neurowissenschaftler Stefan Kölsch von der Universität Bergen sagt: Ja. Musik habe auf jeden Fall einen Einfluss auf unsere Gedanken.
Seine Studien aus den letzten Jahren haben beispielsweise ergeben, dass Menschen bei heroisch anmutender Musik eher motivierende und aufbauende Gedanken haben. Zudem werde bei Musik der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet, den Stefan Kölsch auch gerne als "den Treibstoff des Spaßmotors im Gehirn" bezeichnet. Bekommen wir durch Musik also eine angenehme Arbeitsatmosphäre, so könne das auch dabei helfen, sich besser zu konzentrieren.
"Zum Beispiel können wir zeigen, dass wenn Leute Musik hören und sich zu Musik entspannen, dass sie bei heroisch klingender Musik eher Gedanken haben, die motivierend sind, aufbauend und positiv."
Die Musik von "Brain.fm" klingt zwar düster, lenkt aber fürs erste zumindest nicht ab und hilft beim Papierkram Erledigen, berichtet Daniel Kähler.
Placebo-Effekt gibt es auch beim Musikhören
Stefan Kölsch glaubt aber nicht daran, dass die Zauberkraft der App größer sei als die von jeder anderen beliebigen Konzentrationsplayliste. Hier trete häufig der gleiche Effekt wie bei Placebo-Medikamenten ein. Wenn man gesagt bekomme, das funktioniert, funktioniere es eben auch oft. Und wenn es einmal funktioniert habe, erinnere sich das Gehirn beim nächsten Mal Hören wieder daran und beim übernächsten Mal klappe es meist sogar noch besser, erklärt er.
"Wenn das einmal beim Konzentrieren hilft, dann stellt das Gehirn eine Verbindung her. Und wenn ich das dann das nächste Mal benutze, dann funktioniert das sogar noch besser."
Doch der Effekt hält bei Daniel Kähler nicht ewig an. Nach einer ersten euphorischen Phase muss er feststellen, dass die Musik von "Brain.fm" seine Arbeit teilweise sogar erschwert hat.
Bleibt also nur noch die Möglichkeit, eine eigene Playlist zu kreieren. Die habe laut Stefan Kölsch auch die größten Erfolgschancen. Gleichförmige Melodien, wenig Überraschungen oder Lieder, die man schon in und auswendig kennt, sind dafür perfekt, sagt er.