Alles hängt mit allem zusammen, nichts ist, wie es scheint und nichts geschieht zufällig: Ähnliche Überzeugungen finden sich in esoterisch sowie verschwörungsideologisch geprägten Milieus, sagt der Politikwissenschaftler Jan Rathje. Und so kommt es zur Zusammenarbeit beider Szenen.
Einerseits Esoterik, andererseits Verschwörungsideologien – auch wenn das nach sehr unterschiedlichen Szenen klingt, gibt es eine Schnittmenge aus beiden, sagt der Politikwissenschaftler Jan Rathje.
Fachleute sprechen von Konspiritualität (Conspirituality), wenn beispielsweise esoterisch ausgerichtete Achtsamkeitsanhänger gemeinsam mit rechtsextremen Verschwörungsgläubigen demonstrieren gehen.
Jan Rathje zitiert aus einem entsprechenden Text, in dem es darum geht, "echte Souveränität erwachen und erwachsen lassen". Die sprachlichen Codes seien darin an beide Szenen adressiert.
"Ich orientiere mich an Kocku von Stuckrad. Der hat westliche Esoterik definiert als Anspruch auf ein echtes oder absolutes Wissen."
Ein bisschen Karma, ein bisschen Chemtrails, ein bisschen Reichsbürgertum – diese Konspiritualität funktioniert nach dem Baukastensystem, sagt er. Überzeugungen können individuell zusammengesetzt werden.
Verschwörungsmythen: Aus der Sehnsucht nach einer besseren Welt heraus
Jan Rathje sieht in konspirituellen Überzeugungen die Sehnsucht nach einer besseren Welt, nach einer widerspruchsfreien Gesellschaft. Vermittlungsprozesse und Auseinandersetzungen sind in dieser Welt nicht nötig.
"Meiner Meinung nach zielen Esoterik und Verschwörungsideologien auf eine widerspruchsfreie Gemeinschaft der Menschen. Eine Welt, in der wir uns nicht streiten."
Der Vortrag
Jan Rathje ist Politikwissenschaftler und arbeitet für das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS). Seinen Vortrag über "Konspiritualität – Esoterik und Verschwörungsideologien" hat er auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung am 6. September 2022 in Fulda gehalten, anlässlich der Tagung "Esoterik und Demokratie".