Beachvolleyball, Leichtathletik oder Turnen: Das sind nur einige der Sportarten, in denen Profisportlerinnen sehr knappe Kleidung tragen (müssen). Ist das noch zeitgemäß? Turnerin Elisabeth Seitz weiß, wie doof sich unangenehme Wettbewerbskleidung anfühlen kann. Bei Olympia 2021 hat sie ein Zeichen gegen den Sexismus gesetzt.
Elisabeth Seitz ist Rekordmeisterin im Turnen. Sie hat unzählige Titel im sogenannten Leotard (knapp geschnittener Body) als Wettkampfkleidung gewonnen. Seit 2021 trägt sie aber einen Ganzkörperanzug bei Turnieren.
Zusammen mit zwei Mannschaftskolleginnen hat sie sich bewusst dazu entschieden, keinen hohen Beinausschnitt mehr tragen zu wollen – um sich wohler zu fühlen. Elisabeth Seitz erklärt, das es eigentlich nie eine Regel für die Kleidung beim Turnen gab, aber alle Sportlerinnen immer diesen Ausschnitt getragen haben. Sie selbst wollte mit dem Ganzkörperanzug ein Zeichen der Selbstbestimmung setzen und mit den Kleidergewohnheiten beim Turnen brechen. Für ihre Entscheidung gab es zum Glück fast nur positives Feedback, erzählt sie.
"Tatsächlich gab es hauptsächlich Zuspruch."
Wir turnen nicht, um unseren Körper zu zeigen, sondern zeigen Höchstleistungen an den Turngeräten, stellt Elisabeth Seitz klar. Für sie war es besonders unangenehm, in den freizügigen Anzügen zu turnen, weil die Kameras der Fotografen immer näher an die Ausschnitte zoomen konnten.
Für Elisabeth Seitz ist daher der Ganzkörperanzug viel angenehmer – er gibt ihr Sicherheit. Einige ihrer Kolleginnen würden es aber auch durchaus mögen und seien daran gewöhnt, beim Wettkampf eher weniger Stoff am Körper zu haben. Am Ende sei alles eine Frage der Vorlieben und Gewohnheiten, weiß die Profi-Sportlerin.
Kleidervorschriften im weiblichen Profisport
Es gibt aber auch Sportarten, bei denen es verpflichtende Kleidervorschriften gibt, die im Regelwerk verankert sind. Das war zum Beispiel bei den Beachhandballerinnen der Fall. Bis 2021 mussten sie sehr knappe Bikinihosen tragen. Bei der EM 2021 boykottierte die norwegische Mannschaft jedoch diese Regel und lief in Shorts zum Spiel um den dritten Platz auf. Das Ergebnis: Jede Spielerin musste eine Strafe von 150 Euro leisten.
Die Strafzahlung übernahm aus Solidarität mit den Frauen die Sängerin Pink. Seitdem ist viel passiert und der medienwirksame Protest der Frauen auf dem Spielfeld hatte eine Regeländerung zur Folge: Inzwischen dürfen die Beachhandballerinnen auch offiziell Shorts tragen. Es gibt jedoch einen Haken: Im Gegensatz zu den Männern müssen die Frauen beim Beachhandball explizit enge Shorts tragen.
Mit mehr nackter Haut lässt sich auch mehr Geld verdienen
Gitta Axmann, Sportwissenschaftlerin an der deutschen Sporthochschule Köln, findet, dass solche Kleidervorschriften bei Frauen sehr veraltet sind. Ihrer Meinung nach geht es den Verbänden und Sponsoren bei den Kleidervorschriften der Sportlerinnen ganz klar um Gewinnmaximierung – mit nackter Haut lässt sich mehr Geld verdienen.
Doch wenn die Sportlerinnen über ihre Kleidung nachdenken und Angst haben, dass etwas verrutscht, werden auch schlechtere Leistungen erbracht, weiß sie aus Erfahrung. Daher macht es für die Sportlerinnen häufig keinen Sinn, so kurze, knappe und enge Kleidung zu tragen, erklärt Gitta Axmann. Es sei wichtig, die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren.
"Nur durch massive Aufmerksamkeit der Medien und Öffentlichkeit lässt sich etwas ändern."
Besonders auf die Sponsoren könne durch die Öffentlichkeit Druck ausgeübt werden, veraltete oder unpassende Kleidervorschriften zu überdenken. Gitta Axmann sagt, dass gerade ein Social-Media-Shitstorm wegen zu enger oder kurzer Kleidung Sponsoren und Ausrüster zum Umdenken animieren könne.
Elisabeth Seitz hat gezeigt, dass es auch für andere Sportarten möglich sein kann, etwas an der Wettkampfkleidung zu verändern.
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