Hmmmm.... lecker Erdbeeren! Und so günstig! – Spanische Erdbeeren sind bei uns beliebt: Nicht zuletzt, weil sie im Vergleich zu regional angebauten günstig sind. Aber können wir sie guten Gewissens essen? Nein, findet die Protestbewegung Campact und ruft zum Boykott auf.
Hintergrund der Aktion der Protestvereinigung Campact sind die extreme Trockenheit und die intensive Landwirtschaft im Erdbeeranbaugebiet im südspanischen Andalusien, erklärt Amelie Fröhlich von den Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten. Von dort kommen die meisten der spanischen Erdbeeren, die bei uns in den Regalen landen.
Online-Kampagne: "Kein Wasserraub für Erdbeeren"
Campact – ein Verein, der vor allem Online-Proteskampagnen initiiert – ruft nun die Supermärkte in Deutschland dazu auf, keine Erdbeeren aus Spanien ins Sortiment zu nehmen. Mit der Online-Petition will politischen Druck aufbauen.
Konkret geht es um den Erhalt des Nationalpark Coto de Doñana, der seit 1994 zum Unesco-Weltnaturerbe zählt, erklärt Amelie weiter. Der Nationalpark ist das größte Feuchtgebiet Europas und Lebensraum für seltene Tierarten. Er ist zu Hause etwa für Flamingos, Graureiher oder Kaiseradler, Millionen von Zugvögel machen hier Station und auch der stark bedrohte Pardelluchs streift hier umher - um nur einige der Arten zu nennen.
300 Liter Wasser für ein Kilo Erdbeeren
In dem Park selbst gibt es zwar keine Erdbeerfelder, aber in einem Landschaftsschutz-Gebiet um den Nationalpark herum schon. Und die entziehen dem Nationalpark laut Kritiker*innen des dortigen Erdbeeranbaus eben das nötige Wasser: Dem WWF zufolge verbraucht die Herstellung von einem Kilo Erdbeeren im Schnitt etwa 300 Liter Wasser benötigt – soviel passt etwa in zwei volle Badewannen, vergleicht Amelie.
"Wie schlecht es im Nationalpark Coto Doñana aussieht, ist letzten September deutlich geworden, als alle Süßwasser-Lagunen der Region ausgetrocknet sind."
Die andalusische Regionalregierung will die Anbauflächen - neben Erdbeeren werden hier übrigens auch Blau- und Himbeeren gezogen - noch ausweiten und eine ganze Reihe illegaler Brunnen nachträglich genehmigen will, berichtet unsere Nachrichten-Kollegin.
Um das zu verhindern, fehlen der Zentralregierung in Madrid aber die Mittel. Dabei verlangt sogar ein Urteil des des Europäischen Gerichtshofes von Spanien, mehr zum Schutz des Nationalparks und der Wasserversorgung zu tun.
Wirtschaft vs. Umwelt
Ein großes Problem: Der Anbau von Erdbeeren ist für die Region ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, viele Arbeitsplätze hängen von der Landwirtschaft dort ab. Allein in der Region Huelva in der Nähe des Nationalparks sind es 100.000 Stellen, erklärt Amelie. Spanien ist der weltgrößte Exporteur von Erdbeeren – und Deutschland der wichtigste Export-Markt.
"Dazu muss man wissen: Am Erdbeeranbau hängen eine Menge Jobs!"
Das Thema ist zu einem Wahlkampfthema in Spanien geworden, sagt Amelie – Ende Juli finden in Spanien nämlich voraussichtlich vorgezogene Parlamentswahlen statt. Das führte dazu, dass sich der Konflikt zuspitzte, meint sie.
Politiker*innen-Besuch aus Deutschland abgesagt
Eigentlich sollte diese Woche auch eine Gruppe von neun Abgeordneten aller Parteien des deutschen Bundestags die Region besuchen. Diese Delegation des Umweltausschusses beschäftigt sich in verschiedenen Teilen des Landes mit den Themen Wasserknappheit und Verbraucherschutz. Auch um illegale Wasserentnahme am Doñana Nationalpark sollte es gehen.
Nun haben aber der angekündigte Besuch und die Online-Petition – die miteinander wohlgemerkt gar nichts zu tun haben – für Empörung gesorgt. Die konservative Volkspartei, die in Andalusien regiert, sprach etwa von "unfairen Attacken", die rechtsextreme Partei Vox von einer "inakzeptablen Einmischung", berichtet Amelie Fröhlich. Der Volkspartei und Vox wird immer wieder vorgeworfen, den Klimawandel zu leugnen. Wegen der Kontroverse hat die Delegation den Andalusien-Besuch abgesagt.
Aktuell (Mittwoch, 7. Juni 2023, 8:10 Uhr) hat die Kampagne etwas mehr als 165.000 Unterzeichner*innen.