Michael Recktenwald spürt auf der Insel Langeoog bereits die Folgen des Klimawandels. Gemeinsam mit neun Familien aus anderen Ländern hat er gegen die EU-Kommission geklagt: Die tue nicht genug dafür, die selbst gesteckten Klimaziele bis 2030 einzuhalten. Die Kläger erhoffen sich durch das Urteil eine Veränderung in der Umweltpolitik.
Michael Recktenwald ist auf der Insel Langeoog aufgewachsen. In seiner Kindheit in den 1970er Jahren lagen zwischen zwei Sturmfluten rund acht bis zehn Jahre. Inzwischen setzen die Herbsttürme, die zu den Sturmfluten führen, immer früher ein und kehren jährlich wieder, sagt er. Den Grund dafür sieht Michael Recktenwald im Klimawandel.
"Letztendlich gehöre ich auch zu der Generation, die diese Suppe mit eingebrockt hat."
Sturmfluten sind gefährlich, weil sie die Dünen beschädigen. Besonders besorgt ist Michael Recktenwald darüber, dass der Meeresspiegel aufgrund des Klimawandels noch weiter ansteigt und die Sturmfluten sich dadurch verstärken können. Das wiederum könnte dazu führen, dass die Wellen die Dünen durchbrechen. Meerwasser würde dann in das Süßwasserreservoir vordringen, das bisher noch durch die Dünen geschützt ist.
Finanzieller Ruin durch Klimawandel
Michael Recktenwald denkt, dass das seine Familie finanziell ruinieren würde: "Sollte dort irgendwann das Wasser durchbrechen, dann haben wir kein Trinkwasser mehr hier auf der Insel, dann wäre unsere wirtschaftliche Existenz auf Jahrzehnte weg." Er befürchtet auch, dass die Insel Langeoog im Meer untergehen könnte, sollte der Meeresspiegel weiter ansteigen.
Politische Veränderung durch Klage erwirken
Michael Recktenwald fühlt sich verantwortlich für die Zukunft seiner Kinder und Enkelkinder. Und möchte sich aktiv gegen den Klimawandel einsetzen. Weil er nicht daran glaubt, dass die Mehrheit der Menschen so gutwillig ist, wie er es nennt, um sich aus Eigeninitiative heraus gegen den Klimawandel einzusetzen.
Deswegen klagt der Gastronom aus Langeoog gemeinsam mit den anderen Familien gegen die EU-Kommission. Rechtsanwalt Gert Winter ist Initiator der Klage und Anwalt der Familien. Für seine Arbeit nimmt er kein Honorar, weil er sich – genau wie seine Mandanten – für eine Veränderung der Klimapolitik einsetzen möchte, sagt er.
"Ich mach das im Grunde für meine Enkel, ich habe lange genug mein Gehalt bezogen, und denke ich habe auch eine öffentliche Aufgabe für die Gesellschaft und jetzt ganz privat auch für meine eigene Familie."
Familie Recktenwalds langfristiger Plan besteht darin, mehr Gesetze gegen den Klimawandel zu erwirken. Sollte die Klage scheitern, sind sie trotzdem zufrieden, denn sie so konnten auf das Thema aufmerksam machen: Inzwischen haben sie das Gefühl, dass zumindest immer mehr Menschen sich mit dem Klimawandel beschäftigen.
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