Der hohe Preis für schmelzendes Eis
Das Eis der Arktis schmilzt. Forschende führen das auf den Klimawandel zurück. Investoren wittern nun ungeahnte Chancen: Weil die Eisflächen schmelzen, fahren schon jetzt viel mehr Handelsschiffe durch das Gebiet. Die Meeresbiologin Antje Boetius spricht in ihrem Vortrag darüber, welche Folgen das für die Arktis haben kann.
Vier Millionen Menschen leben in der Arktis. Ein großer Teil von ihnen träumt aufgrund des Klimawechsels von einer verbesserten Infrastruktur. Neue Dörfer und Städte entstehen, Häfen sollen gebaut und der Tourismus angekurbelt werden.
Die Meeresbiologin Antje Boetius berichtet von ihren Fahrten mit dem deutschen Forschungsschiff "Polarstern" durch dieses Gebiet. Sie selbst habe noch vor Jahrzehnten erlebt, wie das Eis vier Meter dick war. Heute, sagt sie, "fahren wir durch wie Butter".
Was ihr allergrößte Sorgen bereitet, sind die Investoren, die schon mit den Hufen scharren. Für den neu zu erschließenden Raum seien schon jetzt Ausgaben von über hundert Milliarden Euro angedacht.
"Wir betrachten die Arktis als neuen Raum, wo wir Ressourcen finden können, den wir vielleicht besiedeln können und den wir durchfahren können."
In den Köpfen kursierten bereits Pläne, die Schiffsroute von Asien nach Europa enorm zu verkürzen, wenn das restliche Eis bald noch dünner werde. Durch die Erwärmung gebe es auch größere Fischbestände, die vermeintlichen Vorteile des Klimawandels seien vielfältig.
Nachhaltigkeit in polaren Systemen
In ihrem Vortrag skizziert Antje Boetius auch ausführlich den Preis, den wir dafür zahlen müssten. Durch das Schmelzen des Eises heize sich die nördliche Hemisphäre viel schneller auf als der Rest der Welt - also auch Deutschland. Doch nicht alle bewerten das offenbar negativ, so Antje Boetius.
Besseres Wetter, längere Sommer, mehr Fisch, neue touristische Attraktionen: Viele fragten sich, was denn schlecht sei an diesen Aussichten.
Der Vortrag:
"Ozeane, Kryosphäre, Mensch: Was uns die fremde Natur bedeutet", so lautet der Titel des Vortrags der bekannten Polarforscherin und Meeresbiologin Antje Boetius von der Uni Bremen, den der Hörsaal im Vorfeld der weltweiten Klimademonstrationen am 25. September 2020 ausstrahlt. Antje Boetius hielt ihren Vortrag am 21. September 2018 auf der Zehn-Jahresfeier der Akademie der Wissenschaften, der Leopoldina in Halle an der Saale.
Für ihre Forschungen erhielt Antje Boetius 2018 den Deutschen Umweltpreis. Sie ist wissenschaftliche Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven.