Am 03. Mai 2019 ist Earth Overshoot Day in Deutschland, also der Tag, an dem wir bereits alle zur Verfügung stehenden Ressourcen verbraucht haben. Eine echte Trendwende kann nur mit einer besseren Klimapolitik erreicht werden, sagt Julia Otten von Germanwatch.
Ausgerechnet hat das Ganze das Global Footprint Network nach einer Art Budgetrechnung, erklärt Julia Otten von der NGO Germanwatch. Auf der einen Seite stehen zum Beispiel Faktoren wie Acker, Weideland oder Fisch auf der Habenseite, dazu die Möglichkeit, Emissionen aufzunehmen und abzubauen und auf der anderen Seite steht der Bedarf an diesen Ressourcen. In der Berechnung wird davon ausgegangen, dass wir so weiterleben wie bisher. Das Ergebnis: Würden alle Menschen auf der Welt so leben, wie wir hier in Deutschland, dann hätten wir am 03. Mai 2019 bereits die Ressourcen einer Erde verbraucht. Und bräuchten zwei weitere, um das Jahr bei Einbehaltung unseres Lebensstandards zu überstehen.
"Das heißt, wir sind am 3. Mai 2019 bereits mit einer Erde durch", sagt Julia Otten, "und nutzen das, was in künftigen Jahren aufgebaut werden sollte." Im Gegensatz zum Jahr 2018 haben wir dieses Jahr zwar einen Tag gewonnen. Das sei aber marginal. Seit 20 Jahren stagnieren wir auf einem sehr hohen Niveau, erklärt Julia Otten. Eine richtige Trendwende sei nicht zu sehen.
Klimaschutz braucht verbindliche Gesetze
International gesehen ist der Erdüberlastungstag am 1. August 2019. Dass wir in Deutschland rein theoretisch schon vier Monate vorher die Ressourcen der Erde verbraucht haben, zeigt, dass wir nicht allzu gut dastehen im weltweiten Vergleich. Deutschland zählt zum oberen Viertel aller Länder. Auch innerhalb der Europäischen Union schneidet Deutschland nicht besonders gut ab in der Verbrauchsstatistik.
"Die Erdbevölkerung insgesamt bräuchte so 1,7 Erden."
Um eine wirkliche Trendwende hinzubekommen, müssten wir wirklich drastisch umsteuern. Vor allem bei Verkehr und Ernährung beziehungsweise Landwirtschaft in Deutschland gibt es viel Potenzial für Verbesserungen, bezogen auf die Emission von CO2, sagt Julia Otten. Daran können wir einerseits selber schrauben, indem wir uns überlegen, wie wir uns zum Beispiel fortbewegen. Wo ist es möglich, auf das Rad oder den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen und zu welchen Bedingungen? Auch in Bezug auf Nahrungsmittel könnten wir unser Bewusstsein verändern und darauf achten, regionaler und saisonaler einzukaufen. Das alleine würde aber längst nicht zu einer Trendwende führen.
Deshalb brauche es vor allem ein Umsteuern der Politik. Es müsse zum Beispiel ein Klimaschutzgesetz geben, das für alle Sektoren vorschreibt, wie die Reduktion von CO2 umzusetzen ist. Das betrifft die unterschiedlichsten Unternehmen. Zum Beispiel im Bereich Energie, Gebäude oder Verkehr, so Otten.
"Damit wir wirklich mit der gesamten Wirtschaft umsteuern und einsparen, da ist die Politik gefordert dringend Maßnahmen auf den Weg zu bringen im Rahmen eines Klimaschutzgesetzes und eines CO2-Preises."
Konstanz ruft Klimanotstand aus
Dass sich der Einsatz für diese politischen Ziele lohnt, zeigt die Bewegung Fridays for Future. Die Bewegung hat schon in mehreren Ländern dafür gesorgt, dass Städte den Klimanotstand ausgerufen haben. Seit dem 02. Mai 2019 ist auch die erste deutsche Stadt darunter: Konstanz. Dort haben die Aktivistinnen und Aktivisten politisch Druck auf den Stadtrat gemacht.
Auch wenn der Klimanotstand eher symbolisch ist und keine rechtlich bindenden Konsequenzen nach sich zieht – in Konstanz wird das zu merklichen Veränderungen führen. So hat der Rat bereits konkrete Ziele beschlossen, wie zum Beispiel, dass Neubauten mit klimaneutraler Energie versorgt werden sollen. Außerdem soll ein Mobilitätsmanager eingestellt werden, der sich um das Verkehrsproblem in der Innenstadt kümmert.
"Wir werden ab jetzt in jeder Beschlussvorlage des Gemeinderates ein Pflichtfeld zum Ankreuzen machen, wo der Vorlagen-Autor sagen muss, welche Auswirkungen hat das auf den Klimaschutz und wie sind die eingeflossen in diese Beschlussvorlage."
Das Vorbild Konstanz könnte Schule machen. Denn auch die Städte Kiel, Hamm und Kleve haben ähnliche Pläne. Ob die allerdings ebenfalls den Klimanotstand ausrufen, bleibt abzuwarten.