Klimaschutz geht auf mehreren Ebenen. Zwar kann jeder Einzelne versuchen, klimaneutral zu leben – so wie Dirk, der seinen ökologischen Fußabdruck auf Null bringen will. Die größeren Hebel aber hat die Politik in der Hand. Eine neue Studie zeigt allerdings, dass nur wenige Maßnahmen auch große Wirkung haben.
Wenn man Dirk Gratzels ökologische Biografie mal etwas zugespitzt zusammenfassen wollte, dann könnte man es so machen: von der Klimasau zum Klimaschützer.
Persönliche CO2-Emissionen – ein Beispiel
Dirk hat vor einigen Jahren beschlossen, den ökologischen Fußabdruck seiner Existenz bis zum Ende seines Leben in einen Ausgleich zu bringen. Das ist eine ziemliche Mammut-Aufgabe – denn sein Leben früher hatte einen ganz schön fetten CO2-Impact: viele Reisen mit dem Flieger, riesiges Auto, großes Haus, Konsum so viel er sich leisten konnte – der war "fast exzessiv", sagt er heute.
"Der Planet krankt an unserem Umgang mit ihm. Und die Beobachtung meines eigenen Lebensstils machte überdeutlich, dass ich genau ein Teil des Problems bin."
Angefangen hat sein Klimaschutz-Projekt damit, dass er sein eigenes schlechtes ökologisches Gewissen erleichtern wollte, gibt Dirk zu. 2016/2017 war das. Damals entschied er, seinen Lebensstil zu ändern. Und dabei gab es denkwürdige Momente – zum Beispiel den, als er seine Socken zählte: etwa 48 Paar hatte er damals, für alle erdenklichen Zwecke. "Totaler Unfug!", sagt er heute lachend.
Dirk hat sich damals seinen CO2-Fußabdruck mal ganz genau angeschaut. Diese Vergleichsrechner im Internet waren ihm zu grob: "Ich wollte nicht nur meine Emissionen im laufenden Jahr wissen, sondern ich wollte alle sogenannten Wirkungskategorien untersucht haben." Also bat er Wissenschaftler, ihm die Ökobilanz seines ganzen Lebens auszurechnen.
"Ich habe bis dato 1.150 Tonnen CO2 emittiert – wenn man jetzt nur die Treibhausgase betrachtet."
Unterm Strich standen da dann über 1.000 Tonnen CO2! Vor allem Flüge und lange Autofahrten fielen bei ihm ins Gewicht – etwa 40 Prozent der Emissionen auf sein Leben gerechnet. Nochmal 40 Prozent gingen auf das Konto von Energie, also Strom oder Wärme, sagt Dirk. Und beim Rest spielte vor allem Ernährung eine Rolle – er hat immer gerne Fleisch und Milchprodukte gegessen wie Käse oder Quark.
Heute fliegt er nicht mehr, sondern fährt Fahrrad oder Zug – "was auch nicht immer eine Freude ist". Wenn es mal Auto sein muss, dann E-Auto. Ihr großes Haus haben er und seine Frau verkauft, erzählt er, sie wohnen jetzt in einer Wohnung. Und der Konsum sonst? Wenn Klamotten mal kaputt sind, dann sucht er nachhaltig produzierten Ersatz. Und tierische Produkte stehen kaum noch auf dem Speiseplan.
Erspartes für Klimaschutzprojekte
Weil das CO2, das er vor seinem Lebenswandel schon emittiert hat, aber bereits in der Welt ist, reicht das alles nicht. Deshalb nahm Dirk Geld in die Hand, das er vor seinem Sinneswandel angespart hatte: Er kaufte ein 12-Hektar-Grundstück, auf dem früher mal ein Steinkohlebergwerk stand, und lässt das jetzt renaturieren. "Das ist schon sehr schön geworden", sagt er hörbar glücklich und auch ein wenig stolz.
"Das trägt nicht nur dazu bei, meinen ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Es trägt auch zur Lebensqualität in der Region bei."
Dass er so einen großen Abdruck hinterlassen hat, das hatte auch mit dem Geld zu tun, das er zur Verfügung hatte. Und Geld spielt nun auch dabei eine Rolle, den Abdruck wieder zu verkleinern. 300.000 Euro muss er in Klimaschutzmaßnahmen stecken, damit er auf Null kommt, haben die Forschenden für ihn ausgerechnet.
Der Durchschnitt der Menschen hierzulande liegt unter dem, was Dirk an CO2-Ausstoß verursacht hat. Die meisten von uns kommen damit vielleicht so auf umgerechnet 50.000, allenfalls 100.000 Euro, rechnet Unboxing-Host Ilka Knigge vor. Aber wer könnte selbst das zahlen? "Utopisch!", sagt sie. Deshalb muss es auch politische Maßnahmen geben.
Klimaschutz-Maßnahmen sind nur im Mix effektiv
Aber welche helfen? Das haben Forschende um Annika Stechemesser vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht. Dafür haben sie 1.500 Klimaschutzmaßnahmen in 41 Ländern ausgewertet. Die Ergebnisse sind gerade im Fachmagazin Science erschienen.
Von diesen 1.500 Maßnahmen haben die Forschenden gerade mal 63 für gut befunden, erklärt Ann-Kathrin Büüsker, Expertin für Klimafragen in unserem Hauptstadtstudio. Wenig überraschend lässt sich auf Basis der Untersuchung sagen: Es ist ein Mix aus Maßnahmen nötig – es gibt nicht den einen Hebel. Wer auf eine Maßnahme alleine setzt, der erreicht nichts.
"Die Forschende haben quasi auch ein Erfolgsrezept gefunden, wie es funktionieren kann, nämlich: Ein Verbot alleine, das hilft nicht. Man muss das kombinieren."
Als Beispiel nennen die Forschenden die Kohleverstromung: Den Ausstieg kann man beschließen, die Technologie verbieten. Aber dazu braucht es begleitende Maßnahmen, wie einen CO2-Mindestpreis in Kombination mit Subventionen für Erneuerbare Energie, wie es etwa in Großbritannien ganz gut funktioniert hat.
Welche Maßnahmen in Deutschland helfen
Was heißt das nun für uns? Welche Maßnahmen helfen in Deutschland und wo hängt's? Das erzählt Ann-Kathrin Büüsker im Unboxing-News-Interview und verrät dabei auch, warum Klimaschutz nicht gleichbedeutend mit Verzicht ist. Um die ganze Folge zu hören, klickt oben auf Play!
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