Bäume pflanzen und so die klimaschädlichen Stoffe kompensieren, die wir beim Fliegen verursachen? Ganz so einfach ist das nicht, sagt eine neue Studie.

Für ein verlängertes Wochenende mal eben nach Lissabon oder Istanbul zu fliegen, fühlt sich für viele von uns nicht mehr gut an. Denn wir wissen, wie klimaschädlich die Reise mit dem Flieger ist.

Flugscham oder Zugstolz

Inländische Flüge erscheinen uns womöglich noch etwas unethischer als die, die uns ins Ausland bringen. Und in den meisten Fällen können wir deutschlandweit unsere Ziele auch mit dem Zug ganz gut erreichen.

Manche von uns verzichten komplett auf das Fliegen, andere können beziehungsweise wollen das aber nicht. Die Rede ist vom "klimaneutralen Fliegen". Aber was genau bedeutet das überhaupt?

"Ein sehr vereinfachtes Beispiel folgt dieser Logik: Du fährst mit dem Auto zur Arbeit, hast aber Bäume gepflanzt, die CO2 aus der Luft herausholen. Wenn bei dieser Rechnung am Ende bei den Schadstoffen null steht, dann bist du klimaneutral."
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

Forschende aus Deutschland und den USA haben untersucht, unter welchen Umständen der Flugverkehr klimaneutral sein könnte.

Der Begriff "klimaneutral" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass beim Fliegen keine Schadstoffe mehr ausgestoßen werden. Sondern es heißt, dass diese Schadstoffe anderweitig wieder kompensiert werden, so Ann-Kathrin Horn von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten.

Kriterien für Klimaneutralität beim Fliegen

In ihrer neuen Studie nennen die Forschenden verschiedene Kriterien, die erfüllt sein müssten, damit der Flugverkehr klimaneutral werden könnte:

  1. Es braucht Technologien, mithilfe derer man Treibhausgase, die ausgestoßen werden, aus der Atmosphäre herausziehen und beispielsweise in Gesteinsschichten binden kann.
  2. Das Kompensieren von Schadstoffen kann nur funktionieren, wenn Flüge viel seltener stattfinden.
  3. Flugzeuge müssten leichter und effizienter werden, sodass sie weniger Treibstoff brauchen.
  4. Treibstoffe müssten nachhaltig sein: Also nicht aus fossiler Energie bestehen, sondern aus Biotreibstoff von Pflanzen, Sonnenenergie oder Wasserstoff.
"Nach der Coronapandemie fliegen wieder sehr viele Menschen, der Flugverkehr wächst. Das heißt: Maßnahmen für klimaneutrales Fliegen sollten dringend umgesetzt werden."
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

Die Forschenden haben ihre Rechnung dafür gemacht, wie es funktionieren könnte, die Klimaneutralität für den Flugverkehr bis zum Jahr 2050, also in 27 Jahren, zu erreichen. Allerdings zeigt eine neue Untersuchung, dass wir die 1,5-Grad-Marke schon lange vorher überschreiten werden.

Es würde also schon vorher zu Klimawandel-Folgen kommen wie häufigeren Extremwetter-Ereignissen oder einem Anstieg der Meeresspiegel.

Die Politik müsste stärker eingreifen, um Klimaneutralität durchzusetzen

Andere Forschende meinen daher, dass Fliegen nur dann klimaneutral werden kann, wenn die Politik stärker eingreift. Das würde bedeuten, dass das Fliegen deutlich teurer werden müsste. Das würde sich wohl in erster Linie auf Vielflieger, Privatflugzeuge und die Businessclass auswirken.

Diese Forschenden sind der Meinung, dass Fluggesellschaften gezwungen werden müssten, Bio-Kraftstoff statt Kerosin und Flugbenzin einzusetzen. Auch irreführende Werbungen von Flugesellschaften, die behaupten, dass Flüge klimaneutral sein können, indem es eine Kompensation gibt, müsstenverboten werden.

Denn das Problem besteht beim Fliegen nicht nur darin, dass CO2 ausgestoßen wird, sondern auch Stoffe wie Stickoxid und Wasserdampf. Diese richten im Bezug auf das Klima mehr Schaden an als CO2.

Shownotes
Klimaschutz
Wie klimaneutrales Fliegen funktionieren kann
vom 02. Februar 2023
Moderation: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk Nova