Weg von den fossilen Energieträgern wie Erdöl, Gas und Kohle, um das Klima zu schützen. Einverstanden. Immer wieder – auch von Klimaaktivisten – wird Atomenergie als Alternative vorgeschlagen. ARD-Energieexperte Jürgen Döschner glaubt aber nicht, dass diese Technologie nicht für die Zukunft taugt.
Um das Klima zu schützen, müssen schnell Lösungen her. Weg von den fossilen Energieträgern und hin zu nachhaltigen Energiequellen. Schön wäre, einfach einen Schalter umzulegen, aber so einfach ist das nicht. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagt jetzt, Deutschland hätte erst aus der Kohlekraft aussteigen sollen und dann aus der Atomkraft. Andere Länder wie Frankreich könnten dank Atomkraft viel leichter CO2 reduzieren und Klimaziele einhalten.
Ist es wirklich so einfach? Der ARD-Energieexperte Jürgen Döschner sagt nein, das hilft uns nicht aus der Patsche. Wenn man mit Atomkraft zur Energiegewinnung das Klima schützen wolle, dann ginge das nicht mittelfristig. Das zeige sich an den geplanten Atomkraftwerken (AKW) in Frankreich (Flamanville) und Finnland (Hanhikivi), deren Bauzeit und Kosten sich verdreifacht hätten, sagt Jürgen Döschner.
"Wenn man zuverlässig Energie in der Zukunft braucht, dann ist Atomenergie das, was am wenigsten geeignet ist."
Auch eine Laufzeitverlängerung der bestehenden AKWs hält Jürgen Döschner für kein Heilmittel fürs Klima, selbst wenn man die Risiken ausblenden würde, die mit der Atomkraft verbunden sind – wie die ungelöste Frage eines Atommüll-Endlagers. Denn der Anteil des Atomstroms am Markt würde nicht die Lücke füllen, die durch den Ausstieg aus der Kohlekraft entstehen würde.
Atomkraft: hohe Risiken – keine Akzeptanz
Was außerdem gegen den Neubau von Atomkraftwerken spricht: Es gebe in der Gesellschaft keine Akzeptanz für die Technologie. Zwar stoßen Atomkraftwerke im Betrieb kein CO2 aus, aber für den Bau wird sehr viel Zement benötigt, der bislang nur CO2-intensiv hergestellt werden könne, sagt Jürgen Döschner. Abgesehen davon sei ein Neubau so kostenintensiv, dass er nur mit erheblichen staatlichen Mitteln finanziert werden könne.
"Auf dem freien Finanzmarkt nimmt heute niemand mehr Geld in die Hand, um ein neues AKW-Projekt zu finanzieren."
Mit dem Geld, das für ein neues Atomkraftwerk benötigt werde, könnten viel höhere Renditen in kürzerer Zeit erzielt werden, würde es in Solar- oder Windkraftanlagen, neue Netze oder Speichertechnologie investiert werden, sagt Jürgen Döschner. Deshalb gebe es auf dem freien Finanzmarkt niemanden, der heute noch ein AKW finanzieren würde.
Hürden auch bei erneuerbaren Energien
Allerdings gibt es auch bei den regenerativen Energien Herausforderungen. So liegt eine Gesetzesinitiative von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor, die besagt, dass Windkraftanlagen nur im Abstand von 1000 Metern zum nächstgelegenen Haus errichtet werden dürfen. Das würde eine ziemliche Behinderung für den Ausbau der Windkraft bedeuten . Aber Jürgen Döschner glaubt aber nicht, dass diese Abstandsregelung so beschlossen wird.
Der ARD-Energieexperte vergleicht diese Abstandsregelung mit der für AKWs: Die gebe es zwar, wenn es aber zu einem Gau käme, dann würde er vielen Menschen im Umkreis von mehr als zehn Kilometern das Leben kosten – ein Grund, wegen dem die Regierung unter Angela Merkel (CDU) 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hatte. Diese Risiken können wir nicht kontrollieren, sagt Jürgen Döschner. Angesichts der uns zu Verfügung stehenden alternativen Möglichkeiten hält er AKWs für nicht hinnehmbar.
"Das sind Risiken, die können wir nicht beherrschen. Das ist für eine Technologiegesellschaft, die in der Lage ist, andere Technologien zu entwickeln, um Strom zu erzeugen, nicht mehr hinnehmbar."
Auch bei den alternativen Technologien zur Energiegewinnung müsste die Akzeptanzfrage geklärt werden. Doch die Risiken im Vergleich zur Atomkraft sind bei Solarenergie und Windkraft verhältnismäßig gering, so der ARD-Energieexperte.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de