Neun Milliarden Euro aus dem Corona-Konjunkturpaket sollen für die Umsetzung einer "Nationalen Wasserstoffstrategie" eingesetzt werden: für die Produktion und den Einsatz des klimafreundlichen Brennstoffs.
Wasserstoff, der mit Wind- oder Sonnenstrom erzeugt wird, gilt als klimafreundlicher Brennstoff, vor allem für die Industrie. Denn: Wasserstoff erzeugt keinerlei Abgase beim Verbrennen, lediglich bei der Produktion von Wasserstoff können Abgase anfallen. Die Herstellung von Wasserstoff nennt sich Elektrolyse. Dabei wird Wasser aufgespalten in Wasserstoff und Sauerstoff.
Der Wissenschaftsjournalist Frank Grotelüschen sagt, dass die heute beschlossene Strategie schon lange diskutiert wurde, bisher aber nichts passiert ist. Außerdem gebe es jetzt viel mehr Geld für die Umsetzung der Strategie, als bisher erhofft wurde.
"Höchste Zeit, meinen viele, die Strategie wurde schon mehrfach diskutiert, man kam aber einfach nicht zu Potte."
Die hohe Summe von neun Milliarden Euro hat mit dem Corona-Konjunkturpaket zu tun. Ohne die Corona-Krise hätte es wohl nur einen Bruchteil gegeben, vielleicht drei oder vier Milliarden. Mit der höheren Summe dürfte sich nun einiges auf die Beine stellen lassen.
Das Problem am Einsatz von Wasserstoff beruht auf seiner Herstellung. In den vergangenen 20 Jahren gab es viele Projekte, um klimafreundlichen Wasserstoff mithilfe von Wind- und Solarenergie herzustellen. Das Problem: Diese Anlagen waren schlicht zu klein, um wirtschaftlich zu arbeiten. Und der Wasserstoff, den sie erzeugten, war einfach viel zu teuer.
Viel Geld für große Industrieanlagen
Niemand war bisher bereit, viel Geld zu investieren, um größere, wirtschaftlichere Wasserstoff-Anlagen zu bauen. Genau diese großen Industrieanlagen sollen nun mit den Milliarden der Wasserstoffstrategie gebaut werden. Damit ließe sich zeigen, dass die Herstellung von Wasserstoff im großen Maßstab auch zu vertretbaren Kosten möglich ist, meint Frank Grotelüschen. Insofern sei die Strategie ein sinnvoller und auch wirklich nötiger Schritt, um dem Wasserstoff zum Durchbruch zu verhelfen.
Wasserstoff im Verkehr
Ob Wasserstoffautos demnächst zur Konkurrenz von Elektroautos werden? Der Wissenschaftsjournalist ist sich da nicht sicher, denn auch Elektroautos sind durch Fortschritte in der Batterietechnik immer besser geworden. Deswegen setze die deutsche Autoindustrie derzeit auf Elektroautos. Wasserstoffautos werden eher in Korea und Japan hergestellt.
"Die deutsche Autoindustrie setzt vor allem auf Elektro und Batterie und eigentlich kaum auf Wasserstoff."
Wasserstoff könnte hingegen Vorteile für den Lkw-Verkehr bringen - ein Schwerpunkt in der neuen Wasserstoffstrategie. Denn bei Lkw kommt man mit Batterien nicht weit. Im Moment geht man davon aus, dass es besser wäre, Wasserstoff zu tanken. Der wird dann in Brennstoffzellen im Fahrzeug in Strom umgewandelt. Aber auch hier suchen Forscher noch nach Lösungen, etwa für die Wasserstofftanks.
Synthetische Treibstoffe
Ein weiterer Teil der Strategie sieht vor, den Wasserstoff nicht direkt zu nutzen, sondern ihn in synthetische Treibstoffe umzuwandeln. Mit den synthetischen Treibstoffen könnten dann Autos mit Verbrennungsmotoren angetrieben werden. "Die Herstellung dieser synthetischen Treibstoffe ist zwar nicht besonders effizient", sagt Frank Grotelüschen, "aber dafür bräuchte man keine neue Infrastruktur, also keine Wasserstofftankstellen." Man könnte mit den heutigen Autos weiterfahren und Zapfsäulen einfach weiternutzen.
"Da ist noch vieles offen, welche Rolle Wasserstoff im Verkehr der Zukunft spielen wird."
Neben den Milliarden braucht es allerdings auch Gesetzesänderungen, um die Wasserstoffstrategie umzusetzen. Ein Beispiel: Wer heute grünen Wasserstoff mithilfe von Windstrom erzeugen will, muss eine EEG-Umlage bezahlen. Einen Extra-Aufschlag, den man für jede Kilowattstunde Solarstrom und Windstrom zahlen muss. Dieser Aufschlag macht die Stromproduktion natürlich teurer.
"Wenn man die Wasserstoffwirtschaft ernsthaft in Schwung bringen will, müssen Gesetze hier entsprechend angepasst werden."
Wasserstoff könnte helfen, die Klimaziele zu erreichen - vor allem in den Bereichen, wo es zum Wasserstoff eigentlich keine Alternativen gibt. Das betrifft nicht nur den Lkw-Verkehr, sondern auch viele Prozesse in der Industrie, etwa bei der Stahlherstellung, in der Zement- und Chemieindustrie.
Das Ziel: Eine globale Wasserstoffwirtschaft
Richtig funktionieren kann so eine Wasserstoffwirtschaft in Zukunft jedoch erst, wenn sie sich nicht allein auf Deutschland beschränkt, sondern wenn Wasserstoff weltweit eine Rolle spielt. Und wenn die grüne Energie, die zur Herstellung nötig ist, extrem billig wird. "Das lässt sich anderswo als in Deutschland viel besser erreichen, etwa in der Sahara, wo Solarkraftwerke gnadenlos effizient arbeiten können", sagt Frank Grotelüschen.
Die Vision ist also langfristig, den Wasserstoff in sonnigen Ländern herzustellen und nach Deutschland zu transportieren. Und dafür braucht es globale Strukturen, die erst einmal aufgebaut werden müssen.
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