Sie machen das Portemonnaie schwer, Automaten nehmen sie nicht an und in der Bar fühlt sich der Barkeeper persönlich angegriffen, wenn wir mit Kupfer zahlen: Die 1- und 2-Cent-Münzen haben keinen guten Ruf. Der Einzelhandel in der Kleinstadt Kleve an der niederländischen Grenze wollte das ändern. Und ist gescheitert.
Genau seit einem Jahr konnten in Kleve Beiträge gerundet werden. Freiwillig. In der Theorie eine gute Idee, finden viele, aber eben nur in der Theorie: Bei 92 Cent wird dann 90 bezahlt, bei 93 Cent 95. Unsere Reporterin Teresa Nehm hat sich in Kleve umgehört, wie das Projekt gelaufen ist - und ist auf viel Ernüchterung gestoßen.
Einzelhändler sind mit sehr viel Euphorie an die neue Aufgabe herangegangen, erzählt sie. Es sollte das Vorzeigeprojekt für ganz Deutschland sein. Nach dem Motto: "So geht kleingeldloses Zahlen". Und vor einem Jahr gab es auch viel Resonanz. Viele andere Gemeinden wollten es ebenfalls ausprobieren.
Dazu ist es aber nicht gekommen. Kleve ist die einzige deutsche Stadt, in der gerundet wird - aber das auch nicht mehr häufig. Bei einer Umfrage kam heraus: Nur 19 Prozent der Befragten haben bei ihrem Einkauf gerundet.
Woran das liegt, darüber gibt es nur Vermutungen und leider keine repräsentative Studie. So hat ein Buchhändler in Kleve Teresa erzählt, dass er zwar selbst runde, 80 Prozent seiner Kunden allerdings ihr Wechselgeld Cent-genau einforderten. Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Kleve, Achim Zirwes, hat immerhin eine Erklärung parat:
"Ich denke, es liegt an der Mentalität der deutschen Kunden. Wir sind es einfach gewohnt, tatsächlich das Wechselgeld zurückzubekommen, welches auf dem Kassenbon steht. Es gibt ganz schnell große Diskussionen, wenn man auf einmal mehr bezahlt."
Und natürlich ist es für die Verkäufer auch anstrengend, wenn sie dem Kunden den Kaufbetrag erklären müssen. Deshalb bieten einige Läden das Runden auch nicht mehr an. Dabei spricht einiges dafür, die 1- und 2-Cent-Münzen aus der Kasse zu verbannen.
Hohen Gebühren bei den Banken
Um Münzen bei der Bank zu bekommen oder Münzen einzuzahlen, muss ein Einzelhändler Gebühren zahlen - so wie jede Privatperson auch. Wer 4,50 Euro in 1- und 2-Cent-Münzen hat und sie einzahlen möchte, macht ein Verlustgeschäft. Ihm werden dafür nämlich 5 Euro berechnet. Es ist also billiger, das Geld wegzuwerfen. Von daher war die Hoffnung groß, diese Kosten einsparen zu können.
Runde Sache in den Niederlanden
Besonders erstaunlich ist, dass die Sache mit dem Runden bei unseren Nachbarn in den Niederlanden ohne Probleme zu funktionieren scheint. Vielleicht auch, weil hier schon zu Gulden-Zeiten auf 1- und 2-Cent-Münzen verzichtet wurde. Und weil das gut funktionierte, erließen die Niederländer kurz nach der Euro-Einführung ein Gesetz: Seitdem muss jeder Laden darauf hinweisen, dass hier gerundet wird. In der Bevölkerung gibt es dafür großen Zuspruch.