Eigentlich passte euch immer eine 38. Und plötzlich passt nichts mehr? Das muss nicht daran liegen, dass sich der Körper verändert hat. Vielleicht ist es auch das Kleidergrößen-Chaos der Hersteller.
Ihr kennt das Problem: In dem einen Laden gleitet ihr geschmeidig in die Jeans in eurer bekannten Größe. Beim nächsten Hersteller bekommt ihr nicht mal ein Bein rein und müsst die Hose gleich zwei Nummern größer probieren. "Die fällt klein aus!", sagt der Verkäufer dann. Noch komplizierter wird es beim Blick ins Ausland. Eine deutsche 34 ist mindesten eine 38 in Italien. Wie kommt das?
Tatsächlich haben die Größenunterschiede nicht nur mit unterschiedlichen Stoffen und Schnitten zu tun oder minimalen Abweichungen, die in der Produktion passieren können. Es fehlt auch an entscheidenden Normen, was die Verbindlichkeit bei Kleidergrößen angeht, sagt Martina Becker, Professorin für Modedesign an der Media-Design Hochschule in Düsseldorf.
"Es gibt da kein Muss. Da müsste sich schon die Bundesregierung drauf einlassen und das anfordern, dass jetzt die Schuhgrößen alle in einer Norm sind. Und das gibt es einfach nicht."
Ganz im luftleeren Raum allerdings arbeiten auch die Modehersteller nicht, es gibt Orientierungsgrößen, an denen sie ihre Schnittmuster ausrichten können. Nur sind sie nicht dazu verpflichtet.
Aufwendig erfasst werden etwa die Grundkörpermaße der Menschen. Im Auftrag der Bekleidungshersteller werden diese von privaten Forschungsinstituten international vermessen. Alle zehn Jahre wird der Durchschnitt erfasst. Zuletzt wurden 2007 mehr als 10.000 Menschen mit einem Body-Scanner vermessen. Aus diesen Daten entstehen dann Maßtabellen, mit denen die Bekleidungsindustrie arbeitet.
"2007 wurden zehntausend Männer, Frauen und Kinder mit einem Bodyscanner vermessen, um rauszufinden, ob diese Maßtabellen mit zum Beispiel Körpergröße, Oberweite, Taille, Hüfte noch relevant sind. Oder haben die sich verändert im Laufe der Zeit?
Solche Modellschnitte gibt es für Deutschland – aber auch für Italien, für Hongkong oder die USA – deswegen fällt die 38 auch überall anders aus. In Beton gegossen sind aber auch diese Werte nicht. Im Lauf der Zeit kann sie sich auch in einem Land verändern. "Das Institut für Humangenetik in Jena hat festgestellt, dass innerhalb eines Jahrhunderts der durchschnittliche Mensch 15 Zentimeter größer geworden ist", erklärt Martina Becker.
Nur relative Größen-Sicherheit
Sich in einem globalisierten Modemarkt zurecht zu finden, wird so also auch in Zukunft schwierig bleiben. Eine relative Sicherheit gibt es dann nur bei dem einen bestimmten Schnitt mit demselben Stoff vom selben Hersteller. Und auch hier kann sich alles noch einmal ändern, wenn ganz Deutschland wieder neu vermessen wird. Die Modedesign-Professorin Martina Becker hat aber einen ganz pragmatischen Tipp, wie sich der Klamottenkauf ohne Verzweiflung abwickeln lässt:
"Sich ein schönes Teil aussuchen, gar nicht auf die Größe gucken, das Etikett rausschneiden und glücklich damit werden. Sie wissen, welche Konfektionsgröße sie im Normalfall tragen. Und dann ist es auch gut!"