Mit seinem Erfindergeist brachte Max Skladanowsky die Bilder zum Laufen. Vor 125 Jahren nahm das Kino seinen Anfang im Varietétheater Wintergarten in Berlin.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts herrscht im deutschen Kaiserreich Technikbegeisterung. Überall werden Patente angemeldet, deren praktische Umsetzung nun zu sehen sind: Eisenbahnen, Autos oder Zeppeline bringen eine neue Vorstellung von Mobilität zu den Menschen in Deutschland und Europa.
Auch Kaiser Wilhelm II. ist von dieser Begeisterung angesteckt: Als sich die beiden Firmen AEG und Siemens bei der Entwicklung der Funktelegrafie über Patente streiten und kein Ende in Sicht ist, fordert er die beiden Firmenchefs auf, den Streit beizulegen und mit den Patenten eine gemeinsame Firma zu gründen: Die Geburtsstunden von Telefunken – eine Firma, die es bis heute gibt.
Von Lichtbildern zum Film
Von derartigem Erfindergeist ist auch Max Skladanowsky beseelt – unterstützt durch seinen Bruder Emil.. Als die Firma ihres Vaters beim Crash an der Wiener Börse 1873 pleite geht, beschließt die Familie, populäre Vorträge zu halten, die durch Lichtbilder auf handgemalten Glasscheiben aufgelockert werden.
Die Skladanowskys ziehen durchs Land und zeigen dem erstaunten Publikum bekannte Gemälde oder lustige Trickbilder. Nach und nach kommen mehr Projektoren "Laterna Magica" dazu, sodass die Bilder übereinandergelegt und geblendet werden können – das Publikum staunt, denn die Bilder suggerieren Nebel genauso wie Blitz und Donner.
Von da ist der Schritt zur Verwendung von Fotografien nicht mehr weit. Nun muss Max Skladanowsky "nur" noch das Problem lösen, wie man etwas kontinuierlich aufnimmt und wieder abspielt. Mit einem Kurbelkasten, durch den er einen Rollfilm aus Zelluloid laufen lässt, macht Max die ersten Aufnahmen und mit dem von ihm "Bioscop" genannten Projektor spielt er sie ab.
Dazu bringen er und sein Bruder an den Seiten des Zelluloidstreifens mit einer Nietenzange Transportlöcher an. Zum ersten Mal lassen sich bewegte Bilder anschauen. Das Kaiserliche Patentamt stellt am 1. November 1895 ein Patent für eine "Vorrichtung zum intermittierenden Vorwärtsbewegen des Bildbandes für photographische Serien" aus.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Filmhistoriker und Filmemacher Joachim Castan hat ein Buch über Max Skladanowsky geschrieben, einen der Pioniere des Films.
- Der Autor Wolfgang Jacobsen erläutert, wie in der NS-Zeit der Film zum Erziehungsinstrument wurde.
- Der Filmkritiker Stefan Volk schildert, wie Skandalfilme die deutsche Gesellschaft aufgeregt und beschäftigt haben.
- Michaela Krützen ist Medienwissenschaftlerin und schildert die Geschichte des Kinos von seinen Anfängen bis zu den modernen Multiplexkinos.
- Der Berliner Filmwissenschaftler Rolf Giesen wagt einen Blick in die Zukunft des Kinos.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt die Technikbegeisterung im deutschen Kaiserreich.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Wiebke Lehnhoff erinnert an die erste Vorführung bewegter Bilder vor zahlendem Publikum im Berliner Wintergarten am 1. November 1895.