Seit Antonia Mutter geworden ist, sind einige ihrer Freundschaften in die Brüche gegangen. Die systemische Therapeutin Anja Wittwer hat Tipps, wie Freundschaften lebendig bleiben, wenn auf einer Seite Kinder ins Spiel kommen.
Alleinerziehende Mutter zu werden, das hatte Antonia (nicht die Frau oben im Bild) nicht geplant. Es war kein guter Zeitpunkt, eine Familie zu gründen, sagt sie. Trotzdem hat sie sich auf das Kind sehr gefreut. Jedoch sei sie nicht darauf vorbereitet gewesen, wie bedürftig und überlastet Eltern in vielen Situationen sein können. Vor allem anfangs hätte sie sich mehr Unterstützung von ihren Freunden gewünscht.
"Vor allem am Anfang hatte ich das Gefühl, wirklich mehr Unterstützung von Seiten meiner Freunde zu brauchen, die aber nicht kam."
Das habe aber zum Teil auch daran gelegen, dass sie nicht genügend kommuniziert habe, dass sie Hilfe braucht, sagt Antonia. Denn es habe durchaus Menschen in ihrem Umfeld gegeben, die bereit waren, sie zu unterstützen. Und dann gab es Menschen, zum Beispiel aus dem Studium, die mit der Situation überhaupt nicht klargekommen seien. Diese Kontakte seien letztlich abgerissen.
Freundschaft: Jede Seite hat Bedürfnisse
Im ersten Jahr war Antonia ziemlich enttäuscht von einer sehr guten Freundin, sagt sie. Doch sei sie in dieser Zet so sehr auf ihr eigenes Leben mit Kleinkind fixiert gewesen, dass sie von den Sorgen und Krisen der Freundin ohne Kind kaum was mitbekommen habe. Heute sei die Freundschaft wieder solide, nachdem beide ihre Perspektiven ausgetauscht hätten.
"Ich war vor allem in dem ersten Lebensjahr meines Kindes sehr enttäuscht von einer sehr guten Freundin. Ich habe aber gar nicht mitbekommen, was bei ihr so lief, weil auch ohne Kinder können krasse Dinge passieren."
Antonias Kind ist jetzt fast zwei Jahre alt und so langsam hat sie wieder mehr Zeit, sich aktiver um ihre Freundschaften zu kümmern. Ist das Kind in der Kindergruppe, dann versuche sie ihre Freundinnen öfters zum Kaffee zu treffen. Oder sie lädt abends zum Essen ein, wer mag, kann auch mit zum Spielplatz kommen, sagt sie.
Was die junge Mutter an Erfahrung mitgenommen hat: Kinder bringen auf jeden Fall Veränderungen, Freundschaften bedeuten Beziehungsarbeit. Darum ist es wichtig, miteinander zu sprechen, um die Bedürfnisse der anderen Seite nicht aus den Augen zu verlieren, so Antonia.
Krisenprävention: Im Gespräch bleiben
Die Perspektive der anderen Seite in Freundschaften im Blick zu behalten, das findet auch die systemische Therapeutin Anja Wittwer sehr wichtig. Vor allem, wenn Kinder im Spiel sind, können sich die Prioritäten und Tagesabläufe ziemlich verschieben und zu Unverständnis auf beiden Seiten führen. Eltern falle es dabei oft schwer, sich daran zu erinnern, wie es in der Zeit davor war.
"Wenn man Wünsche, Vorstellungen und Ängste hat, die noch nicht benannt wurden, dann kann es hilfreich sein, darüber ins Gespräch zu gehen und zu gucken, was ist mir wichtig, wie stelle ich mir das vor."
Anja Wittwer rät dazu, sich mit Freundinnen und Freunden schon im Vorfeld über Wünsche, Vorstellung und Ängste auszutauschen und im Gespräch zu bleiben.
Verstehe dich selbst, um Freunde zu verstehen
Ist eine Krise oder der Streit ausgebrochen, könne es leicht passieren, dass wir an Empathie und an Lust für unser Gegenüber verlieren. Hier helfe es, erst mal einen Schritt zurückzugehen und sich der eigenen Wünsche, Bedürfnisse oder auch Verletzungen bewusst zu werden. "Empathie fängt bei mir selber an", sagt Anja Wittwer, "damit kann ich dann viel besser ins Gespräch gehen und auch wieder offen sein für die Perspektive der anderen Person."
"Es kann auch schon viel helfen, zu sagen: 'Hey, ich merke, dass das für mich verletzend ist, dass du so wenig Zeit hast. Und gleichzeitig weiß ich ja auch, du hast diese Zeit einfach nicht.'"
Oft reicht es schon, einfach auszusprechen, was einen gerade traurig macht, sagt Anja Wittwer. Zum Beispiel, wenn die andere Person keine Zeit für einen hat, auch wenn klar ist, dass es nicht am anderen liegt, sondern der Situation geschuldet ist.
Engen Freundschaften Vertrauen schenken
Manchmal kommt es vor, dass sich Themen nicht ganz auflösen oder klären. Das sei auch in guten Freundschaften völlig normal. "Da würde ich auch die Leute ermutigen, auf die Freundschaft und Verbindung zu vertrauen", sagt die systematische Therapeutin. Manchmal brauche es einfach etwas Zeit, auch Kinder werden größer und in ein, zwei Jahren könne die Welt schon ganz anders aussehen.
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