Elf Jahre dauerte es, bis Kim de l’Horizons erster Roman "Blutbuch" fertig war. Dafür hat Kim den Deutschen und den Schweizer Buchpreis 2022 gewonnen - eine kleine Sensation. Kims Leben hat sich seitdem verändert - was das Schreiben nicht einfacher macht.
Es ist der 17. Oktober 2022, Kim de l’Horizon hat gerade den Deutschen Buchpreis in Frankfurt gewonnen und greift bei der Dankesrede zum Rasierer. Aus Solidarität mit den protestierenden Frauen im Iran rasiert Kim sich auf der Bühne die Haare ab. Die Bilder und Videos davon sorgen für ziemlich viel Aufmerksamkeit.
Auf der Suche nach einer eigenen Sprache
Über zehn Jahre hat Kim de l’Horizon an dem preisgekrönten Roman "Blutbuch" gearbeitet. Kim bezeichnet das Buch als "autofiktional", die Grenzen zwischen persönlicher Biografie und Fiktion verschwimmen. Die Erzählfigur im "Blutbuch" sieht sich - so wie Kim auch - weder eindeutig als Mann noch als Frau. Als die Großmutter an Demenz erkrankt, beginnt die Erzählfigur, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und forscht zur weiblichen Blutslinie in der Familie. In Kims Buch geht es um Traumata, Geschlechter, Geschlechtsidentitäten, Klassenzugehörigkeit. Und es geht um Sprache.
"Ich hab die längste Zeit dieser zehn Jahre an Sprache und Form gearbeitet."
Kim de l’Horizon ist das Pseudonym, unter dem Kim, geboren 1992 in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Bern, Texte, Prosa, Lyrik oder Theaterstücke verfasst. "Das Schreiben ist so eine Art, Dinge ganz intensiv wahrzunehmen", sagt Kim. Es helfe, im Hier und Jetzt anzukommen. "Ich schreibe, weil ich es irgendwie muss", sagt Kim.
"Schreiben und Atmen gehören für mich zusammen."
Der Gewinn des Deutschen und des Schweizer Buchpreises haben Kims Leben und Arbeit komplett verändert. "Ich hab das Gefühl, jeder Furz scheint für manche Leute spannend zu sein". Bei Auftragstexten weiß Kim jetzt manchmal nicht mehr, ob die Menschen ehrliches Feedback geben, oder ob der Buchpreis die eigenen Arbeiten irgendwie pauschal vergoldet. "Nur weil was einen Preis gewinnt, ist es ja nicht per se gut", sagt Kim.
Kim selbst sieht sich als eine politische Person, die etwas bewegen möchte. Dass das Thema Queer-Sein, die Nicht-Binarität von Kim sowie der Erzählfigur im Buch so oft Thema sein würden, damit hatte Kim nicht gerechnet.
Im Deep Talk spricht Kim auch darüber, wie sehr Kim die Entwicklungen in den USA in Bezug auf Trans- und Abtreibungsrechte beunruhigen und warum der Kampf für die Rechte querer Menschen noch lange nicht vorbei ist.
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- Kim de l’Horizon: "Blutbuch", DuMont Verlag, Juli 2022.