Ketamin wurde in den 1960er-Jahren als Narkosemittel entwickelt. Es wird in der Notfallmedizin eingesetzt, als Partydroge missbraucht und wurde 2021 in Deutschland als Mittel gegen behandlungsresistente Depressionen zugelassen. Wie es wirkt, ist nicht ganz klar.
Seit dem Tod des US-Schauspielers Matthew Perry wird häufiger über Ketamin berichtet. Denn laut offiziellem Obduktionsbericht führte die Wirkung des Narkosemittels in Zusammenhang mit seiner Herzerkrankung zu seinem Tod. Es wird angenommen, dass Matthew Perry das Bewusstsein verlor und dann ertrunken ist.
Ketamin kann Halluzinationen hevorrufen
Ketamin wurde 1962 als Narkosemittel entwickelt, um Phencyclidin, das starke Nebenwirkungen hat, zu ersetzen. In der Drogenszene ist Phencyclidin auch als PCP oder Angel Dust bekannt.
Genau wie Phencyclidin ist auch Ketamin eine psychoaktive Substanz, die eine halluzinogene und dissoziative Wirkung entfalten kann. Der Begriff "dissoziativ" bezeichnet dabei das Gefühl, dass man den eigenen Körper kaum noch spürt.
Das Gute an Ketamin als Narkosemittel ist, dass es nicht den Atemreflex beeinflusst. Allerdings wird es aufgrund der halluzinogenen Nebenwirkung vorwiegend in der Notfallmedizin eingesetzt.
Bei behandlungsresistenten Depressionen kann Ketamin helfen
Eine Form von Ketamin (Esketamin) ist seit März 2019 in den USA und seit Dezember 2019 auch in der EU als Medikament gegen behandlungsresistente Depressionen zugelassen, wie unsere Reporterin Julia Demann erklärt.
"In den Leitlinien zur Behandlung von Depressionen steht: Es darf eingesetzt werden, wenn mindestens schon zwei Medikamente ausprobiert wurden, die keine Besserung gebracht haben."
Behandlungresistent bedeutet in diesem Zusammenhang, dass depressive Patienten und Patientinnen bereits mit mindestens zwei anderen Medikamenten behandelt wurden, die allerdings keine Wirkung gezeigt haben. Erst dann ist es Ärzten und Ärztinnen erlaubt, Esketamin zu verschreiben.
"Den molekularen Mechanismus verstehen wir. Worin die Wirkung auf die Psyche besteht, wissen wir nicht ganz genau. Da gibt es verschiedene Hypothesen."
Wie Ketamin beziehungsweise Esketamin auf molekularer Ebene wirkt, ist erforscht, sagt Psychiater Gerhard Gründer, der das Esketamin in Form eines Nasensprays in seiner Praxis bei behandlungsresistenten Depressionen nutzt. Worüber in der Wissenschaft allerdings noch Unklarheit herrscht, ist die Frage, wie Esketamin auf die Psyche wirkt. Dazu gibt es verschiedene Hypothesen, aber keine eindeutigen Antworten.
Die Wirkung wurde in Studien belegt
In Tierstudien an Mäusen konnte beispielsweise festgestellt werden, dass das Esketamin die Entstehung von neuen Dornfortsätzen an Nervenzellen begünstigt. Das sind Vorstufen von neuen Verbindungen zwischen Nervenzellen. Bei Depressionen gehen diese Dornfortsätze zurück.
"Mehrere Institutionen, die sich unabhängig die Studienlage zu verschiedenen Wirkstoffen, Medikamenten oder Behandlungsformen angucken, kommen alle zu dem Schluss: Ketamin kann bei vielen behandlungsresistenten Depressiven Besserung bringen."
Der Psychiater Gerhard Gründer nutzt das Mittel in Begleitung einer Psychotherapie, die Lernprozesse anstößt. Psychopharmaka wie Esketamin versteht er dabei als unterstützendes und förderndes Element.
Was für die Psychotherapie gilt, trifft allerdings nicht für die Verwendung von Ketamin als Partydroge zu. Denn hier fehlt die therapeutische Begleitung. Es besteht die Gefahr der Überdosierung und von unerwünschten Halluzinationen.
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