Die Fußballklubs in Deutschland haben gerade Winterpause. Das ist jedes Jahr um diese Zeit so - und doch ist in diesem Jahr vieles anders, zumindest was das Wintertrainingslager angeht. In den vergangenen Jahren hieß es für viele Klubs: ab in die Türkei. 16 Vereine aus der Ersten und Zweiten Bundesliga haben dort im letzten Winter trainiert. Aber diesmal machen die Klubs einen großen Bogen um die Türkei.
Die politische Situation in der Türkei wirkt sich jetzt auch auf den Sport aus. Viele Vereine fürchten um ihre Sicherheit, wenn sie sich für die zweite Saisonhälfte in der Türkei in Form bringen, erklärt unser Reporter Peter Sawicki. Schon im Sommer war das zu merken: Damals haben mehrere Spieler die Türkei verlassen, darunter auch der deutsche Nationalstürmer Mario Gomez. Bis zum Sommer hatte er sehr erfolgreich für Beşiktaş Istanbul gespielt und wechselte dann zum VfL Wolfsburg - weil er um seine Sicherheit fürchtete, wie er erzählte.
Und genau darum geht es jetzt auch den Vereinen aus der Ersten und Zweiten Bundesliga. Ein Sinnbild für die Lage in der gesamten Türkei, sagt Peter Sawicki. Viele Vereine trainierten gerne in Belek am Schwarzen Meer - scheinbar weit weg von Anschlagszielen in Istanbul, Ankara oder im Südosten der Türkei. Das hat sich im Laufe dieses Jahres geändert. So gab es auch Anschläge im Süden der Türkei. Seit Oktober hat sich deshalb schon abgezeichnet, dass kein deutscher Profiverein in der Türkei überwintern wird.
"Ganz klar hatten wir Sicherheitsbedenken, ob man in die Türkei gehen kann."
Viele Vereine werden von einem Tross von Fans ins Trainingslager begleitet - auch deren Sicherheit spielte also bei den Überlegungen der Vereinsverantwortlichen eine Rolle. Dazu kommt: Selbst wenn ein Verein weiter in die Türkei reisen würde, könnte er kaum Testspiele austragen, wenn keine potenziellen Gegner zu finden sind.
Einige Verantwortliche haben auch versucht, mit ihrer Entscheidung ein politisches Zeichen zu setzen. Am deutlichsten wurde Gertjan Verbeek, Trainer des Zweitligisten VfL Bochum.
In jedem Fall ist ein gewisser politischer Druck entstanden, als die ersten Vereine wie Darmstadt 98 oder Hertha BSC Berlin ankündigten, in diesem Jahr nicht in die Türkei zu fahren. Seitdem war klar: Wer unbeirrt dort trainiert, setzt auch damit ein politisches Zeichen - selbst wenn er das gar nicht beabsichtigt hat.
Die meisten Vereine reisen in diesem Jahr nach Portugal oder Spanien - mit ähnlichen Wetterbedingungen wie in der Türkei und einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. Einige Vereine nutzen die Winterpause aber auch, um Werbung in eigener Sache zu machen. Und so nimmt zum Beispiel Bayer Leverkusen einen Langstreckenflug nach Orlando in Florida in Kauf, um den amerikanischen Markt zu erschließen. Und der Branchenprimus FC Bayern München reist nach Katar auf die arabische Halbinsel. Auch kein ganz unumstrittenes Ziel - aber Austragungsort der WM 2022.