Einen Schlaganfall haben doch nur Ältere. Das denken viele. Stimmt aber nicht. Auch Jüngere können betroffen sein. Dazu gehört auch die heutige Para-Athletin Kathrin Marchand. So geht sie mit ihrem Schicksal um.
Kathrin Marchand, 34, arbeitet freiberuflich als Orthopädin im Krankenhaus und ist Leistungssportlerin. Ihre Disziplinen sind das Rudern und der Langlauf. Mit 30 hatte sie bei einem Online-Spinning-Kurs einen Schlaganfall.
Daran erinnert sie sich noch gut: "Ich habe dann so Ausreden gesucht, dass ich unterzuckert bin oder, dass irgendwas anderes die Ursache dafür ist, dass ich weniger sehe und, dass ich gar kein Gefühl mehr habe auf der linken Seite. Irgendwann war mir aber klar, dass ich den Notarzt rufen muss, und das habe ich dann nach einer Stunde gemacht."
Viel zu spät, wie Kathrin Marchand selbst sagt. Im Krankenhaus war dann ziemlich schnell klar, dass es sich um einen Schlaganfall handelt.
"Man denkt: Ich bin ja gesund, warum sollte mich das jetzt treffen, ist ziemlich unwahrscheinlich."
Sofort handeln bei Schlaganfall-Symptomen
Fachleute raten bei Schlaganfall-Symptomen: so schnell handeln wie möglich. Jochen Sembill, Sprecher der Nachwuchskommission der deutschen Schlaganfallgesellschaft, erklärt, dass wir uns bei einem Schlaganfall in einem zeitkritischen Bereich befinden.
"Wenn ein Bereich im Gehirn minder durchblutet ist und Funktionen aufgibt – das sind dann die neurologischen Symptome, die man bemerkt: Der Arm funktioniert nicht mehr, das Sprechen funktioniert nicht mehr – dann gibt es noch ein bestimmtes Zeitfenster in dem dieser Bereich gerettet werden kann." Dieses Zeitfenster ist allerdings von Mensch zu Mensch ein anderes.
Typen von Schlaganfällen
Es gibt zwei Formen von Schlaganfällen: den ischämischen und den hämorrhagischen. Der ischämische Schlaganfall wird durch eine Durchblutungsstörung ausgelöst. Beim hämorrhagischen Schlaganfall kommt es zu Einblutungen in verschiedenen Bereichen des Gehirns. Beides führt zu Zerstörung von Hirngewebe.
"Da gibt es die klassischen Risikofaktoren für einen Schlaganfall, die dann über Jahre oder Jahrzehnte wirken können: Beispielsweise Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Rauchen, Alkohol, Zuckererkrankung."
Ursachen, dass es dazu kommt, kann es viele geben. Dazu gehören etwa Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Rauchen oder Alkohol. All das kann zu chronischen Schädigungen führen, sagt Jochen Sembill.
"Chronische Schädigungen spiegeln sich vor allem an den Gefäßen im Gehirn oder im Halsbereich wider. Also Gefäße, die letztendlich das Gehirn versorgen und dann in der Konsequenz zu Gefäßablagerungen führen können, die dann eine Hauptursache für Schlaganfälle sind." Durch das jahrelange Wirken verschiedener Faktoren nimmt das Risiko für einen Schlaganfall im Alter zu.
Sehen, Bewegen oder Sprechen beeinträchtigt
Die Symptome sind meistens neurologische Ausfälle. Je nach Gehirnbereich können das zum Beispiel Lähmungen des Körpers sein: ein Mundwinkel hängt oder beide Arme können nicht gleich gehoben werden. Auch Sprech- oder Sehstörungen sind möglich.
Kathrin Marchand leidet unter einer Sichtfeldeinschränkung, die sie im Alltag besonders beeinträchtigt. Sie kann durch den Schlaganfall auf jedem Auge ein Drittel weniger sehen. Außerdem hat sie Einschränkungen ihrer linken Körperhälfte. "Dann kommen noch diese kognitiven Sachen dazu. Ich habe sehr schlimme Orientierungsschwierigkeiten in einer fremden Umgebung. Oder eben auch Konzentration, Aufmerksamkeit, oder mehrere Dinge auf einmal zu machen", erzählt die Leistungssportlerin.
"Im Alltag ist es hauptsächlich die Seheinschränkung, weil ich immer gucken muss, wo ich langgehe, oder, dass ich im Supermarkt vor dem Regal stehe und die einfachsten Sachen nicht finde, obwohl sie vor mir stehen."
Schlaganfall erkennen mit BE-FAST-Schema
Kathrin Marchand ist inzwischen sensibilisiert für alle Anzeichen eines Schlaganfalls. Sie sagt, dass sie sich dabei an dem BE-FAST-Schema orientiert. Dieses Tool hilft dabei, die Anzeichen rasch zu erkennen und schnell zu reagieren:
B für Balance: Plötzlicher Verlust des Gleichgewichts oder der Koordination
E für Eyes (Augen): Sehstörungen wie verschwommene Sicht oder Doppelbilder
F für Face (Gesicht): Ein schiefes oder taubes Gesicht
A für Arms (Arme): Ein Arm oder beide Arme sind geschwächt oder gelähmt
S für Speech (Sprache): Eine Person spricht undeutlich oder scheint verwirrt
T für Time (Zeit): Bei den oben genannten Anzeichen sollte sofort Hilfe gerufen werden
Den Faktor Zeit hält Kathrin Marchand für das Allerwichtigste: "Dass ich nicht eine Stunde warte, so wie ich, sondern, dass ich direkt einen Notarzt rufe, wenn ich denke, es könnte ein Schlaganfall gewesen sein."
Unser Bild zeigt Kathrin Marchand (vorne) und Kerstin Hartmann (hinten) beim Ruder-Weltcup auf dem Rotsee im Jahr 2016