Karl Lauterbach nimmt an, dass sehr viele Menschen in Deutschland mit den Spätfolgen von Covid-19 zu tun haben werden. Sie brauchen ein Sicherheitsnetz, sagt der SPD-Gesundheitspolitiker.
Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) nimmt an, dass ungefähr zehn Prozent der Infizierten eine gewisse Zeit mit Covid-19 kämpfen müssen, viele von ihnen wahrscheinlich dauerhaft. Er geht also von Hunderttausenden Betroffenen in Deutschland aus, auch wenn die Häufigkeit von Langzeitfolgen statistisch noch nicht systematisch erfasst ist.
"Wir wissen noch zu wenig, um auszurechnen wieviel das ausmacht. Tatsächlich sprechen wir hier über Hunderttausende. Das Besondere ist, da sind viele Organe betroffen."
Seit Beginn der Covid-19-Pandemie befürwortet der Politiker strikte Maßnahmen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Das Ansteckungsrisiko für einzelne möchte er ganz grundsätzlich minimieren. Dabei argumentiert er auch mit Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion – Stichwort Long-Covid.
Das Problem: Zwar ist eine Corona-Infektion nach rund zwei Wochen meist überstanden. Ein Teil der Erkrankten ist dann allerdings weder geheilt noch belastbar. Sie klagen auch nach Monaten über Atemprobleme, Müdigkeit und Schmerzen. Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Reha-Medizin hat gewarnt, dass nur wenige Kliniken auf die Behandlung von Menschen mit diesen Langzeitfolgen vorbereitet seien.
Diffuse Folgen für viele Organe
Neben der Lunge seien häufig Herz und Nieren von Long-Covid betroffen. Die Folgen für Erkrankte sind für Karl Lauterbach klar: "Es ist einfach eine Erkrankung, die die Lebensqualität der Menschen deutlich reduziert."
Langfrist-Folgen: Drei Gruppen
Bei den Langzeitfolgen von Covid-19 unterscheidet der Gesundheitspolitiker drei Gruppen:
- Grundsätzlich habe ein Aufenthalt auf der Intensivstation andauernde Folgen. Das gilt beispielsweise für Menschen, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen worden sind.
"Folgen, die immer dann kommen, wenn man auf der Intensivstation behandelt wurde, beispielsweise beatmet wurde."
- Bei einem Teil der Erkrankten komme die Lungenfunktion nicht vollständig zurück. Atemnot ist das Ergebnis.
"Wir haben längere Verläufe bei den Lungenerkrankungen. Und da kommt eben die Luftnot immer wieder."
- Eine übermäßige Abwehrreaktion des Körpers könne dazu führen, dass ihr eigenes Immunsystem den eigentlich bereits Sars-CoV-2-freien Menschen langfristig Schaden zufüge. Möglicherweise sei diese Reaktion Ursache des chronischen Erschöpfungssyndroms, das bei Betroffenen festgestellt worden ist.
"Man glaubt, dass die Prozesse der Infektionsbekämpfung des Körpers durcheinandergeraten sind, sodass der Körper dann zum Teil sein eigenes Gewebe angreift."
Karl Lauterbach sieht Bedarf an umfassenden wissenschaftlichen Studien in diesem Bereich und wünscht sich für Betroffene, die Rehabilitation benötigen, ein institutionelles Sicherheitsnetz. Für ihn ist das eine Aufgabe für Träger der Kliniken, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen.
"Wir haben in Deutschland bisher keine Spezialkliniken, die sich mit den Folgen von Long-Covid beschäftigen."
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