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Am 6. September 1946 hält der US-Außenminister James Francis Byrnes seine "Speech of Hope" im Stuttgarter Staatstheater. Eine Rede, die einen Paradigmenwechsel der US-Außenpolitik ankündigt – mit Folgen, die weit über die deutschen Besatzungszonen hinausreichen.

6. September 1946: Im Zuschauerraum des Stuttgarter Staatstheaters haben sich etwa 2000 Gäste versammelt. Die meisten sind Angehörige der amerikanischen Besatzungsmacht, die in Stuttgart stationiert ist – der heimlichen Hauptstadt der USA in ihrer Besatzungszone.

Unter die Gäste haben sich auch die Ministerpräsidenten der drei Länder der amerikanisch besetzten Zone gemischt, ebenso der Stuttgarter Erzbischof und einige Verwaltungschefs der Gemeinden. Sie erwarten eine Rede des amerikanischen Außenministers James F. Byrnes, bei der es sich um mehr als eine Grußbotschaft des US-Präsidenten Harry S. Truman handeln soll.

USA: Aus Schutzmacht wird "Weltpolizei"

James F. Byrnes kommt aus Berlin und zwar in dem Zug, der als "Führersonderzug" von Adolf Hitler genutzt worden ist und jede Menge Luxus bietet: Salon, Speisewagen und Schlafgemach. Als er den Saal des Stuttgarter Staatstheaters betritt, sind die Erwartungen hoch, denn es kündigt sich ein Paradigmenwechsel in der US-amerikanischen Außenpolitik an: Aus der Militärmacht USA, die sich bis dahin vor allem als Schutzmacht des amerikanischen Kontinents sieht, wird an diesem 6. September 1946 die "Weltpolizei".

Die USA wollen eine aktive Politik in Europa betreiben und im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg in Europa auch militärisch vertreten sein. Fortan mischen sich die USA in die Freiheitskämpfe all jener Völker ein, die sie von kommunistischer Unterdrückung bedroht sehen.

Gründung der Bizone

Auch für die Bewohnerinnen und Bewohner der Westzonen geschieht an diesem Tag Entscheidendes: James F. Byrnes verkündet den Zusammenschluss der amerikanischen und der britischen Zone zu einer wirtschaftlichen Einheit, um den Lebensstandard in dieser "Bizone" zu heben. Als sich 1948 auch Frankreich mit seiner Besatzungszone anschließt, entsteht die "Trizone".

Niemand im Stuttgarter Theater ahnt, welche Auswirkungen diese neue Politik haben wird. Wenig später kommt noch das "European Recovery Programm" dazu, das im Volksmund als "Marschall-Plan" bekannt ist – benannt nach dem Byrnes Nachfolger George C. Marschall.

Der Weg für das Wirtschaftswunder wurde geebnet

Die Aufhebung der wirtschaftlichen Schranken durch die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums in den Westzonen und das Geld aus dem Marschall-Plan sind die Grundlagen für das "Wirtschaftswunder" – die berühmt gewordene wirtschaftliche Erholung der 1949 aus "Trizonesien" gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Die Westdeutschen leben nun in relativem Wohlstand und werden zu einem wichtigen Bestandteil des Westens im Kalten Krieg.

Ihr hört außerdem in Eine Stunde History:

  • Der Politikwissenschaftler Stephan Bierling erläutert die Hintergründe der Rede des amerikanischen Außenministers James Francis Byrnes
  • Der Historiker und USA-Experte Philipp Gassert beschäftigt sich mit der Außenpolitik der US-Administration von Präsident Harry S. Truman
  • Der Historiker Manfred Görtemaker beleuchtet die Bedeutung der Rede für die drei Westzonen und die amerikanische Europapolitik
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt die katastrophale Lage, in der sich die Deutschen im September 1946 befanden
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Grit Eggerichs lässt die Rede von James F. Byrnes noch einmal Revue passieren
Shownotes
Kalter Krieg
Die Hoffnungsrede des US-Außenministers James Francis Byrnes
vom 03. September 2021
Moderatorin: 
Meike Rosenplänter
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte