Feiern, Tanzen und frei sein - Partynächte sind wild, aber beinhalten auch Gefahren. K.-O.-Tropfen, die mutwillig ins Glas getropft werden, sind geruchlos, geschmacklos und nur kurze Zeit nachweisbar. Marie vermutet, dass sie Opfer sexualisierter Gewalt durch diese Substanz geworden ist. Sie berichtet über die schlimmen Erinnerungsfetzen dieser einen Nacht. Warum besonders die Opfer thematisiert werden und nicht über die Täter*innen gesprochen wird, dass kritisiert Journalistin Lou Zucker, die ebenfalls sexualisierte Gewalt erlebt hat. In dieser Sendung wird sexuelle und sexualisierte Gewalt thematisiert. Bei manchen Menschen können diese Themen negative Reaktionen auslösen oder retraumatisieren. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist.
Marie ist 17 Jahre alt und geht gemeinsam mit einer Freundin feiern. Zusammen trinken sie eine Flasche Wein zu Hause, so wie viele Menschen das tun. Im Club angekommen gibt es irgendwann noch ein Bier, was noch nicht einmal ausgetrunken wird. Beim Rausgehen stellt Marie ihr Bier auf dem Zigarettenautomaten am Eingang ab – unbewacht. Draußen spricht sie mit ihrer Freundin. Das ist das Letzte, an das sie sich richtig erinnert.
"Ich bin mit einer Freundin unterwegs gewesen. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, hat sich alles ganz komisch angefühlt. Ich hatte einen kompletten Blackout."
Als sie am nächsten Tag aufwacht, ist sie nur noch halb bekleidet und fühlt sich schlecht. Wie Blitze schießen ihr nur zwei winzige Erinnerungen in den Kopf, die nicht gut sind: Ein Mann in einem Hof und sexuelle Übergriffe, die sie nicht wollte. Sie spricht sofort mit ihrer Mutter darüber, weil es ihr so schlecht damit geht.
Hilfe suchen bei sexualisierter Gewalt ist schwierig
Maries Mutter fährt sie sofort ins Krankenhaus. Schmerzen zwischen den Beinen, blaue Flecken und die Untersuchung bestätigen den Verdacht eines sexuellen Übergriffs. Aus Maries Sicht wird sie im Krankenhaus nicht sensibel behandelt.
Ein Test auf Substanzen im Blut würde in der Folge sofort eine Anzeige nach sich ziehen. Marie entscheidet sich gegen diese Möglichkeit, weil sie das Gefühl hat, in ihrer Situation nicht richtig wahrgenommen zu werden. Sie will nicht noch einmal das traumatisierende Erlebnis durchleben müssen.
"Damals war mir überhaupt nicht danach, dass noch mal zu erzählen, gerade auch weil das Erlebnis im Krankenhaus nicht so sensibel war."
Marie schmät sich, weswegen sie das Delikt nicht zur Anzeige bringt. Heute würde sie mit der Situation anders umgehen. Damals wollte sie es einfach nur irgendwie vergessen. Es hat dennoch für sie lange gedauert, bis sie wieder Männern vertrauen konnte und Nähe zulassen konnte.
Täter*innen müssen in den Fokus rücken
Lou Zucker erlebte ebenfalls vor wenigen Jahren sexuelle Gewalt. Sie plädiert wie Marie auch dafür, dass der Fokus bei der Prävention von sexuellen Übergriffen stärker auf den Täter*innen liegen müsse. Stattdessen gebe es viele Produkte wie Armbändchen oder Strohhalme, die den potenziellen Opfern gefährliche Stoffe im Getränk anzeigen sollen.
"Am Ende können die Opfer gar nichts dafür – sondern die Täter*innen."
Alles fange mit der Erziehung an, findet Lou Zucker. Nämlich damit, dass Menschen erst gar nicht auf die Idee, kommen sich in so einer kriminellen und gewalttätigen Art an anderen zu vergehen. Patriarchale Muster in der Gesellschaft stützen ihrer Ansicht nach sexuelle Gewalt.
Gerade Opfern werde unterstellt, selbst eine Schuld daran aufgrund ihres Aussehens oder ihres Verhaltens zu tragen. Für beide Frauen ist klar, die Täter*innen müssen in den Mittelpunkt gestellt werden.
Ebenfalls müssten Clubbetreiber mehr für die Sicherheit ihrer Besucher*innen sorgen und strengere Eingangskontrollen durchführen, findet Marie. Auch Awareness-Teams können helfen, beim Feiern für eine sichere Umgebung zu sorgen.
Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch
Unter der Nummer 0800 22 55 530 ist das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch montags, mittwochs und freitags von 9:00 bis 14:00 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 15:00 bis 20:00 Uhr bundesweit, kostenfrei und anonym erreichbar. Das Hilfe-Telefon ist eine Anlaufstelle für Menschen, die Entlastung, Beratung und Unterstützung suchen, die sich um ein Kind sorgen, die einen Verdacht oder ein "komisches Gefühl" haben, die unsicher sind und Fragen zum Thema stellen möchten.
Das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch bietet auch eine Online-Beratung an.
Die Frauen und Männer des Hilfe-Telefons sind psychologisch und pädagogisch ausgebildet und haben langjährige berufliche Erfahrung im Umgang mit sexueller Gewalt an Mädchen und Jungen. Sie hören zu, beraten, geben Informationen und zeigen - wenn gewünscht - Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung vor Ort auf.
Anfragen können auch postalisch oder per E-Mail an Beraterinnen und Berater des Hilfe-Telefons gestellt werden.
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