Am Ostersonntag setzte das Schiff der Organisation "Jugend Rettet" einen Notruf ab: Mittlerweile sind alle in Sicherheit. Wir haben nachgefragt, wie es dazu kam.
"Iuventa" heißt das Schiff, mit dem der Verein "Jugend Rettet", auf dem Mittelmeer vor der lybischen Küste geflüchteten Menschen hilft, die in Seenot geraten. Am Osterwochenende aber kam das Boot selbst in eine brenzlige Situation.
Pauline Schmidt koordiniert von Berlin aus die Öffentlichkeitsarbeit von Jugend Rettet und steht in engem Kontakt mit ihren Kollegen vor Ort. Dass es zu dieser Ausnahmesituation kam, habe an außergewöhnlichen Umständen gelegen, beschreibt Pauline Schmidt. So hatte es in den Tagen um Ostern eine extrem hohe Zahl an Überfahrten gegeben: Tausende Menschen waren gleichzeitig angekommen. "Das hat dazu geführt, dass die großen Rettungsschiffe das Rettungsgebiet überladen verlassen mussten", sagt sie.
Ausnahmesituation an Bord
An diese Schiffe gibt das Team der Iuventa normalerweise Geflüchtete ab. Ihr Schiff greift nur in Notsituationen auf dem offenen Meer ein. Als aber die Boote der Partnerorganisationen überfüllt abrückten, habe sich die Situation für sie selbst - ebenso wie für die Boote zweier weiterer NGOs - dramatisch entwickelt, sagt Pauline Schmidt. Sie beschreibt es so: In der Nacht zu Sonntag habe sich ein Holzboot mit 700 Menschen der Iuventa genähert, dann sei eine Panik ausgebrochen, die Menschen sprangen ins Wasser und kletterten auch auf das Boot von Jugend Rettet.
"Wir hatten schon Situationen, in denen wir das Rettungsinselsystem nutzen mussten. Da kam aber immer nach kurzer Zeit eine Hilfe, ein größeres Schiff, das uns Personen abgenommen hat. In dieser Situation jetzt haben mehrere Mechanismen versagt."
Zunächst sei versucht worden mithilfe eines Rettungsinselsystems die Menschen in Sicherheit zu bringen, beschreibt die Sprecherin von Jugend Rettet. Später seien zudem Schlauchboote eingesetzt worden. Mit 400 Personen sei das Boot aber so überfüllt gewesen, dass der Kapitän Kai Kaltegärtner einen Notruf absetzte.
"Die NGOs, die zurückgeblieben sind, mussten die Situation irgendwie stabilisieren, damit niemand ums Leben kommt."
Für die Helfer kam einiges zusammen: Die Zentralleitstelle MRCC in Rom konnte kein Schiff schicken, die anderen NGOs hatten das Gebiet überlastet verlassen. Dann verschlechterte sich auch noch das Wetter. Als klar wurde, dass sobald kein Schiff kommen würde, schickte die Zentralleitstelle einen Tanker. In seinem Windschatten konnten die verbleibenden Boote ausharren.
Am Nachmittag kam die Rettung in für die Boote der NGOs in Form eines weiteren Tankers, der Vos Hestia. Die geflüchteten Menschen seien an andere internationale Organisationen übergeben worden, die Crew werde wie nach jedem Einsatz psychologisch betreut, so Pauline Schmidt. Nach dieser Extremsituation allerdings seien zusätzliche Kräfte angefordert worden.
Jugend Rettet, eine von Studenten gegründete Organisation, betont, dass sie ihren Einsatz nur als temporären "Lückenfüller" sehe, da nicht genügend Seenotrettung von Seiten der EU stattfinde. Sie beruft sich dabei auf internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention: Demnach müssen Boote, die auf in Seenot geratene Geflüchtete treffen, diese retten und in einen sicheren Hafen bringen.
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