Jüdische Mitglieder der AfD haben einen Verein gegründet. Das hat mit Islamfeindlichkeit und den Wahlen in Hessen zu tun, sagt der Journalist Olaf Sundermeyer.
In Wiesbaden haben sich 24 jüdische Mitglieder der AfD am Sonntag (07. 10.2018) zu einem Verein innerhalb ihrer Partei zusammengeschlossen. Sie nennen sich "Juden in der AfD". Anlass für die Gründung der sogenannten JAfD sei die Einwanderung junger Männer aus dem islamischen Kulturkreis mit antisemitischer Sozialisation.
Das steht in einer Grundsatzerklärung, die allerdings nur Teilen der Öffentlichkeit vorliegt. Über die Gründung des Vereins und seine strategische Bedeutung innerhalb der AfD haben wir mit dem Journalisten und Rechtsextremismusexperten Olaf Sundermeyer gesprochen.
Für ihn steht die Gründung der Gruppe in direktem Zusammenhang mit den bevorstehenden Landtagswahlen in Hessen am 28.10.2018. Olaf Sundermeyer bewertet die Gründung als Werbeerfolg der AfD. In Frankfurt gibt es eine große jüdische Community. Die Gründung unterstreicht einerseits den islamfeindlichen Charakter der AfD und erweckt andererseits oberflächlich den Eindruck, die Partei sei nicht antisemitisch.
"Die Partei kann der Unterstellung entgegenwirken, sie sei eine rechtsradikale Partei, wofür es ausreichend Belege gibt."
Olaf Sundermeyer betont, dass die Russlanddeutschen in der AfD eine starke Gruppierung sind. Er hält sie für die treibende Kraft hinter der neuen Gruppierung. Einer ihrer Gründer ist Dimitri Schulz aus Wiesbaden. Er ist Sprecher der Interessengemeinschaft der Russlanddeutschen in der AfD.
Neben Olaf Sundermeyer kommen auch Vertreter der Jüdischen Gemeinde in Deutschland zu einer kritischen Einschätzung. 17 jüdische Organisationen bezeichnen die AfD in einer gemeinsamen Erklärung als rassistische und antisemitische Partei.
"In Teilen ist die AfD ganz sicher eine rechtsradikale Partei, wenn wir auf bestimmte Landesverbände vor allem im Osten schauen. Viele ihrer Anhänger sind antisemitisch eingestellt."
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erneuerte ihre Kritik an der AfD. Die Partei stelle eine Gefahr für das jüdische Leben dar. Der am Sonntag in Wiesbaden gegründete Zusammenschluss der "Juden in der AfD" diene lediglich als Feigenblatt. Die AfD-Mitglieder jüdischen Glaubens würden von der AfD in die Irre geleitet und missbraucht.
Im Interview mit dem Fernsehsender Phoenix zeigte sich die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern schockiert über die jüngsten Angriffe gegen Juden. Sie habe sich nie vorstellen können, dass sie heute das nochmal erleben muss, was in ihrer Kindheit schon vorhanden war, sagte die 85-Jährige. Charlotte Knobloch wurde 1932 in München geboren und entging nur mit Glück ihrer Deportation in das KZ Theresienstadt.
In Frankfurt am Main demonstrierten am Sonntag (07.10.2018) mehrere hundert Menschen gegen die Gründung der sogenannten JAfD. Dazu hatte die Jüdische Studierenden-Union Deutschland aufgerufen.
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