Annie ist früh klar, dass sie Karriere machen möchte. Mit 22 Jahren fängt sie als Investmentbankerin in London an, doch nach wenigen Monaten kündigt sie. Heute arbeitet sie als DJane und hat aufgehört, Pläne für ihr Leben zu machen.
Annie ist etwa 16 Jahre alt, als ihre Eltern nicht zu Hause sind und sie eine Party schmeißt. Als sie am Tag darauf sauber macht und aufräumt, stellt sie fest, dass sie Spaß daran hat. "Ich habe das metaphorisch gesehen. Ich dachte, dass ich Ordnung und Struktur liebe. Ich liebe es, wenn alles Sinn macht", erinnert sie sich.
"Der Kopf war so laut und hat immer den Weg vorgegeben. Ich habe mein Bauchgefühl total vergessen."
Von da an hat Annie einen Masterplan für ihr Leben. Sie beschließt, dass sie BWL an einer renommierten Privat-Uni studieren will und schafft den Aufnahmetest. Alles läuft nach Plan: Annie zieht ihr Studium mit vier Praktika und zwei Auslandsaufenthalten durch und denkt nicht groß über ihren Lebensweg nach. "Ich war automatisch in einer Blase drin. Ich hatte gar nicht richtig Zeit oder Raum zu überlegen, ob ich das eigentlich will", sagt sie heute über ihr Studium.
Annies Zweifel am großen Plan fürs Leben
Von der Uni geht es für Annie direkt nach London. Dort beginnt sie als Investmentbankerin zu arbeiten. Doch schon nach kurzer Zeit zweifelt sie an ihrem Masterplan. "Das kam für mich total überraschend", sagt sie über ihre Zweifel. An ihrem beruflichen Ziel angekommen zu sein habe sich nicht so angefühlt, wie sie es sich die ganze Zeit vorher ausgemalt habe. Alles in ihr habe sich gegen den Job gewehrt.
Weniger der Inhalt des einstigen Traumjobs als vielmehr das Umfeld und die Kolleg*innen sind der Grund, den Annie für ihr Unwohlsein ausfindig macht. "Ich habe gemerkt, dass es da wirklich nur noch ums Geld verdienen geht. Deren ganzes Leben besteht daraus. Ich konnte mir das nicht als Lebensinhalt vorstellen", sagt sie. Nach nur sechs Monaten kündigt Annie deshalb. Einen Plan B hat sie nicht in der Tasche.
Annies Lebensweg verläuft von da an in Schlangenlinien
Annie macht ein unbezahltes Praktikum in einer PR-Agentur für Kunst und Kultur, hangelt sich von Job zu Job und landet schließlich als Schlagzeugerin in einer Live-Band. Als sich die Band auflöst, beschließt sie weiter alleine Musik zu machen und wird DJane. Zwischen der Kündigung und dem Zeitpunkt, ab dem Annie von ihrer Musik leben kann, liegen rund acht Jahre.
"Ich glaube, ich musste diesen Umweg nehmen. Es sind keine verlorenen Jahre. Es war gut, dass es so passiert ist."
Ihr Karrierewechsel habe sich nicht als Scheitern angefühlt, da sie sich selbst dafür entschieden habe. "Ich habe selbst gewählt, dass ich aussteige. Es war so ein Gefühl von: 'Ich hätte es ja haben können, aber ich habe mich dagegen entschieden'", so ihre Einschätzung. Annie denkt auch, dass der Job in der Bank eine Erfahrung war, die sie machen musste, um ihren großen Plan loszulassen und sich vom Leben treiben zu lassen.
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