2005, da ist sie 18 Jahre alt, wird Jasmin von einem Unbekannten vergewaltigt. Die Polizei kann den Täter nicht ermitteln. Darum ruft Jasmin selbst zur Suche nach dem Täter auf, bei Facebook und in Abstimmung mit der Polizei. Das hilft ihr, die Vergewaltigung zu verarbeiten.
Anmerkung: Dieser Text ist die Grundlage für einen Radiobeitrag. Der beinhaltet Betonungen und Gefühle, die bei der reinen Lektüre nicht unbedingt rüberkommen. Außerdem weichen die gesprochenen Worte manchmal vom Skript ab. Darum lohnt es sich, auch das Audio zu diesem Text zu hören.
Bis heute ist der Fall von Jasmin nicht gelöst. Sie wurde 2005, da war sie 18 Jahre alt, von einem Unbekannten vergewaltigt. Die Fahndung der Polizei ergab nichts und wurde eingestellt – und deswegen hat sich Jasmin irgendwann entschlossen: Ich mache selbst was. Sie macht sich selbst auf die Suche nach dem Täter und zwar mithilfe von Facebook und in Abstimmung mit der Polizei, damit nicht der Eindruck von Selbstjustiz ensteht. Einhundert-Autor Johannes Döbbelt hat mit Jasmin gesprochen.
Jasmin: "Ich bin irgendwann auf diesem Punkt gewesen, ich kann mich nicht darauf verlassen, dass andere das für mich regeln. Sondern, wenn ich meinen Seelenfrieden damit finden möchte, dann muss ich selbst aktiv werden."
Paulus: Johannes Döbbelt, du hast Jasmin kennengelernt, hast mit ihr über die "Fahndung auf eigene Faust" gesprochen und natürlich auch darüber, was ihr passiert ist. Das war im Jahr 2005, wie ist es zu dieser Vergewaltigung gekommen?
Jasmin hat damals noch in ihrer Heimatstadt gewohnt, in Willingen, das liegt im Norden von Hessen, im Rothaargebirge. Und da in Willingen findet jedes Jahr ein bekanntes Skispringen statt, als Teil des Skisprung-Weltcups. Und über dieses Skispringen sollte Jasmin berichten – sie jobbt nämlich damals neben der Schule schon bei ner Lokalzeitung, will später Journalistin werden. Und ihr erster Auftrag für die Zeitung ist ein Bericht über die Partystimmung in Willingen an diesem Skisprung-Wochenende.
Also: Sie klappert verschiedene Kneipen ab, spricht mit den Leuten – da sind auch immer viele internationale Gäste mit dabei wegen des Weltcups, und dann soll sie am Ende einen Artikel drüber schreiben. Das macht sie auch. Und als sie spät abends mit der Recherche fertig ist, nimmt sie den Nachtbus nach Hause. Das sind auch nur ein paar Stationen bis zum Haus ihrer Familie. Aber schon während der Fahrt fällt ihr jemand auf im Bus. Und zwar ein relativ großer Mann mit hoch gegelten, dunkelblonden Haaren.
"Der stieg ein, war auf selber Höhe im Bus mit mir, saß halt auch alleine da, was auch so ein bisschen atypisch ist, wenn man nicht aus der Gegend kommt."
Jasmin: "Der stieg ein, war auf selber Höhe im Bus mit mir, saß halt auch alleine da, was auch so ein bisschen atypisch ist, wenn man nicht aus der Gegend kommt. (...) Und wenn dann da so jemand sitzt im etwa gleichen Alter, oder knapp älter, und sitzt dann in so einem Bus, der dann doch in eine eher abgelegene Ecke fährt, in eine Gegend, wo man weiß: Man kommt da nicht so einfach wieder weg, weil das ist letzten Endes doch einfach ein sehr schwarzer Fleck auf der Landkarte, das fällt dann schon auf."
An der dritten Haltestelle steigt Jasmin aus, und der Mann steigt nach ihr dann ebenfalls aus.
Paulus: Definitiv eine unangenehme Situation. Was macht der Mann denn dann?
Der läuft hinter ihr her und das merkt Jasmin auch – und deswegen hält sie irgendwann an, vor so einem Geschäft und tut so, als würde sie sich was im Schaufenster angucken. Der Mann läuft dann an ihr vorbei und biegt in eine Seitenstraße ein. Leider genau in die Straße, in die Jasmin auch muss, weil sie da wohnt.
Jasmin: "Ich bin dann auch in die Straße rein und hab dann gesehen, dass er mit dem Rücken zu mir steht, auch wieder so ein paar Meter entfernt, hab dann noch mal die Straßenseite gewechselt, weil ich gedacht hab: Ok, ich möchte ihn jetzt auch nicht direkt im Rücken haben, wenn ich an ihm vorbei gehe. Und in dem Moment, wo ich dann an ihm vorbei war, also einmal so die Straße überkreuzt noch mal, bin ich auch schon rumgerissen worden, habe den ersten Schlag abbekommen."
"In dem Moment, wo ich dann an ihm vorbei war, also einmal so die Straße überkreuzt noch mal, bin ich auch schon rumgerissen worden, habe den ersten Schlag abbekommen."
In dem Moment ist es auch schon zu spät für Jasmin. Der Mann würgt sie dann und droht ihr, also er sagt: Er würde sie töten, falls sie sich wehren sollte. Er zerrt sie dann in ein Gebüsch auf einen Spielplatz, der da in der Nähe ist, und vergewaltigt sie dort. Danach droht er ihr noch mal. Er sagt dass sie nichts von der Tat erzählen dürfe, weil er sie sonst umbringe – und dann haut er ab.
Paulus: Was macht Jasmin dann, sie ist ja wahrscheinlich erst mal völlig geschockt.
Ja, vor allem hatte sie richtige Todesangst, hat sie mir erzählt, dass der Täter sie noch weiter verfolgt und tatsächlich umbringen könnte. Trotzdem handelt sie dann ziemlich schnell und geistesgegenwärtig. Sie geht nach Hause, ruft von da direkt die Polizei und zeigt dann den Beamten den Tatort.
Die Spurensicherung findet dann später auch die DNA des Täters auf dem Spielplatz – und zwei Gegenstände, die der Mann offenbar verloren hatte. Und zwar ein Benzin-Feuerzeug mit einem Widderkopf-Logo drauf und ein rotbraunes Ledertäschchen. Und kurz danach wird dann mit Jasmins Hilfe auch ein Phantombild des Täters gezeichnet, sie hatte den Mann ja schon im Bus beobachtet und sich sein Äußeres ziemlich gut eingeprägt. Und dieses Phantombild wird dann in mehreren Lokalzeitungen veröffentlicht.
Paulus: Es gibt die DNA, diese Gegenstände und ein Phantombild. Das sind ja schon einige Hinweise auf den Täter.
Hinweise und auch ganz klare Beweise. Aber trotzdem kommt die Polizei bei der Fahndung nicht so richtig weiter, finden einfach niemanden, der als Täter in Frage kommt. Und deswegen wird die Fahndung nach ungefähr anderthalb Jahren auch eingestellt. Und das war für Jasmin, als sie das erfahren hat, erst mal eine ziemlich schlimme Nachricht.
Jasmin: "In dem Moment, muss ich sagen, war das erst mal so ein Gefühl von Ohnmacht und, wie soll das jetzt weitergehen? Mich selbst hat ja diese Tat und diese ganzen Folgen dessen dann doch sehr deutlich begleitet und es ist dann erst mal in dem Moment so ein Unverständnis irgendwo, ne. Weil man selbst kann das dann nicht verstehen, dass das für andere nicht so wichtig ist, dass dieser Mensch gefunden wird. Natürlich ist es für die genauso wichtig, aber aus anderen Beweggründen heraus. Die Polizei hat ja da noch mal ne andere Aufgabe (…) Es kommt dann einfach so an, dass man doch so allein gelassen damit."
Paulus: Jasmin sagt: Die Folgen der Tat haben sie deutlich begleitet, wie sahen diese Folgen konkret aus?
Ihr ging es wirklich sehr sehr schlecht danach, hat sie mir erzählt. Sie hat sich ziemlich zurück gezogen in dieser Zeit, sich selbst isoliert, also wenig andere Leute getroffen. Jasmin hat dann auch Essstörungen entwickelt und bei ihr wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.
"Mich selbst hat ja diese Tat und diese ganzen Folgen dessen dann doch sehr deutlich begleitet und es ist dann erst mal in dem Moment so ein Unverständnis irgendwo."
Jasmin: "Es ist halt so, (…) dass ich dann wirklich sehr starke Schlafstörungen hatte und die auch wirklich lange lange Jahre hatte und wirklich sehr extrem meinen Alltag beeinflusst haben, wenn man die ganze Nacht wach liegt quasi aus Angst und sich nicht sicher fühlt, nicht mal im eigenen zu Hause dann, und dann trotzdem noch irgendwo seinen Alltag stemmen möchte. Ich bin anderthalb Jahre später weggezogen und hab dann angefangen zu studieren, und wenn man dann aber die ganze Nacht wach ist und nicht schlafen kann und nie zur Ruhe kommt, das brennt dann doch sehr aus."
Das war dann erst einmal wirklich heftig mit den Schlafstörungen und den anderen Symptomen dieser Posttraumatischen Belastungsstörung. Jasmin hat dann eine Therapie angefangen. Da ging es ihr besser. Und irgendwann hatte sie dann die Idee, dass sie selbst nach dem Täter suchen könnte oder muss, wenn die Polizei nicht weiterkommt.
Jasmin: "Ich bin irgendwann auf diesem Punkt gewesen, ich kann mich nicht darauf verlassen, dass andere das für mich regeln, sondern, wenn ich meinen Seelenfrieden damit finden möchte, dann muss ich selbst aktiv werden. (…) Worum es mir eben einfach ging, war möglichst viele potentielle Zeugen anzusprechen, möglichst viele Menschen zu informieren im Endeffekt: Da ist was vorgefallen, ich weiß nicht, ob ihr es mitbekommen habt, aber vielleicht habt ihr was gesehen damals."
Paulus: Wie ist Jasmin dann vorgegangen?
Sie hat dann eine Facebook-Gruppe gegründet, 2012 war das, mit dem Titel "Suche nach unbekanntem Vergewaltiger". Das hat sie zum einen gemacht, weil der Täter da immer noch auf freiem Fuß war, also auch sieben Jahre nach der Vergewaltigung, Und: Weil Jasmin nicht zufrieden war mit der Reichweite des Fahndungsaufrufes der Polizei, in dem dann ja auch das Phantombild zu sehen war. Dieser Fahndungsaufruf wurde ja kurz nach der Tat nur in lokalen Zeitungen veröffentlicht.
"Ich bin irgendwann auf diesem Punkt gewesen, ich kann mich nicht darauf verlassen, dass andere das für mich regeln, sondern, wenn ich meinen Seelenfrieden damit finden möchte, dann muss ich selbst aktiv werden."
Jasmin sagt aber: Es könnte auch gut sein, dass der Täter aus einem ganz anderen Teil Deutschlands kommt, schließlich waren bei diesem Skispringen in Willingen damals ja auch viele Besucher von außerhalb da. Und deswegen hat sie eben diese Facebook-Gruppe gegründet, um einfach noch deutlich mehr Menschen zu erreichen.
Die Gruppe war dann auch ziemlich erfolgreich, zu Hochzeiten waren da über 60.000 Mitglieder drin. Zusätzlich hat Jasmin dann auch noch viele Interviews gegeben und hat von ihrem Fall erzählt, in Zeitungen oder im Fernsehen, um das Ganze noch bekannter zu machen.
Paulus: Was war beziehungsweise ist denn in dieser Facebook-Gruppe zu sehen – die gibt’s ja immer noch?
Ja, in der Gruppe sieht man den Fahndungsaufruf der Polizei, und zwar denselben, der ja auch schon 2005 veröffentlicht wurde – den hatte Jasmin in die Gruppe gestellt. Darauf zu sehen ist eben einmal das Phantombild und eine Beschreibung des Täters, also: 20-30 Jahre alt, hochgegelte dunkelblonde Haare, circa 1,85 Meter groß, kräftige Figur.
Und dann sind auch noch die beiden Gegenstände abgebildet, die der Täter ja verloren hatte am Tatort. Und zwar einmal dieses Benzin-Feuerzeug und eben diese kleine rotbraune Ledertasche. Dann steht noch dabei: "Wer kennt diesen Mann oder aufgeführte Beweismittel? Sachdienliche Hinweise an die Kripo Korbach oder jede Polizeidienststelle."
Paulus: Wenn das jetzt jemand sieht und tatsächlich Hinweise auf den Täter hat, dann soll er sich bei der Polizei melden und die Hinweise nicht direkt in die Facebook-Gruppe posten?
Genau, darauf weist Jasmin in der Gruppe auch hin. Und auch darauf, dass niemand Namen, Adressen oder Fotos von irgendwelchen potentiellen Verdächtigen in die Gruppe posten soll, also da soll niemand an den Pranger gestellt werden.
Jasmin: "Ich hab noch da mehrere Administratoren in der Gruppe, weil ich halt sicherstellen musste und natürlich auch wollte, dass da nicht irgendwas gepostet wird, was im Endeffekt zu irgendwelchen Selbstjustiz-Aufrufen wird."
Die Hinweise, die dann doch direkt an Jasmin und die Administratoren geschickt wurden, die habe Jasmin dann an die Polizei weitergeleitet, sagt sie.
Paulus: Über die Hinweise, die da gekommen sind, müssen wir natürlich gleich auch noch sprechen. Aber ist das denn überhaupt erlaubt, was Jasmin da macht? Oder ist das nicht gewissermaßen auch schon ne Form von Selbstjustiz, so ne Facebook-Gruppe zu gründen und damit nach einem Täter zu suchen?
Also generell ist es erst mal so, dass private Fahndungsaufrufe verboten sind. Das heißt: Du darfst keine Fotos, Videos oder Beschreibungen von Verdächtigen ins Netz stellen und dazu aufrufen: 'Wer kennt den oder die? Bitte meldet euch!' So was ist eine Öffentlichkeitsfahndung, und das dürfen nur Polizei und Staatsanwalt machen.
Im Fall von Jasmin ist das Ganze aber ein bisschen komplizierter. Denn Jasmin hat ja auf Facebook nur das veröffentlicht, was die Polizei 2005 sowieso schon veröffentlicht hatte, also den offiziellen Fahndungsaufruf.
Jasmin selbst sagt auch: Sie habe sich vorher bei der zuständigen Kripo informiert – und die haben gesagt: Das geht in Ordnung, das könne sie machen. Andere Rechtsexperten, mit denen ich gesprochen hab, die sagen eher: Das Ganze sei eine rechtliche Grauzone, also irgendwo zwischen legal und illegal.
Paulus: Jetzt gibt es diese Gruppe namens "Suche nach unbekanntem Vergewaltiger" ja schon seit 2012. Welche Hinweise sind denn seitdem darüber eingegangen?
Es haben sich viele Leute gemeldet. Letztlich war aber nur ein Hinweis-Geber dabei, der erst mal sehr vielversprechend war, aber da ist am Ende leider nichts Konkretes raus gekommen. Ein Problem an dieser Facebook-Gruppe und der Suche nach dem Täter ist halt auch, dass die Tat einfach schon so lange her ist.
"Menschen verändern sich natürlich optisch auch sehr. Also selbst ich könnte jetzt nicht sicher sagen, dass ich, wenn ich Hannover hier irgendwie an diesem Typen vorbei gehen würde, dass ich den sofort erkennen würde."
Jasmin: "Es gab einige Hinweise auf Personen, wo die Beschreibung natürlich einfach sehr sehr gut hingehauen hat, aber wo auch ich natürlich immer nur sagen kann, was ich ganz wichtig finde: Auch für mich war das Ganze zu dem Zeitpunkt schon sieben Jahre her und (…) Menschen verändern sich natürlich optisch auch sehr. Also selbst ich könnte jetzt nicht sicher sagen, dass ich, wenn ich in Hannover hier irgendwie an diesem Typen vorbei gehen würde, dass ich den sofort erkennen würde, ich möchte dafür die Hand nicht ins Feuer legen."
Also bislang sind keine Hinweise gekommen, die zum Täter geführt haben. Aber die Facebook-Gruppe, die gibt es immer noch.
Paulus: Was ist denn dein Eindruck: Hat Jasmins Suche nach ihrem Vergewaltiger, auf eigene Faust – hat das ihren Umgang mit dem, was sie erlebt hat, irgendwie verändert? Das war ja erst mal enttäuschend für sie.
Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, das war ganz wichtig für sie, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Nicht nur, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, den Täter noch zu finden, sondern auch, um wieder mehr Autonomie zurück zu erlangen.
Bei der Vergewaltigung war sie das Opfer, das diese schreckliche Tat irgendwie über sich ergehen lassen musste, sie konnte sich nicht wehren – und hat sich auch entsprechend wehrlos gefühlt. Und mit dieser Täter-Suche im Netz, das hat sie auch im Gespräch mit mir immer wieder betont, hat sie wieder die Kontrolle zurückgewonnen.
Jasmin: "Ich finde es auch wichtig, dass die Menschen einfach sehen, dass man aus so ner Opferrolle durchaus rauskommen kann. Ich hab da auch viel Resonanz bekommen von ebenfalls Betroffenen aus Straftaten gegen die eigenen körperliche Unversehrtheit zum Beispiel, von Opfern, die einfach ner Gewalttat zum Opfer gefallen sind. Und natürlich war es da auch so, dass viele gesagt haben, sie haben da großen Respekt vor, dass viele auch gesagt haben, sie würden das auch gerne irgendwo hinbekommen."
"Ich finde es auch wichtig, dass die Menschen einfach sehen, dass man aus so ner Opferrolle durchaus rauskommen kann."
Das ist, glaube ich, auch der Grund, warum Jasmin heute noch sehr offen über ihren Fall spricht, weiterhin Interviews gibt, weil sie eben auch andere ermutigen will und sagen will: Guckt mal, ihr könnt auch selber handeln und aktiv werden und damit eben auch was dafür tun, damit es euch besser geht.
Jasmin: "Für mich ist es heute so, dass ich auch sagen kann: Ich hab für mich meinen Standpunkt im Leben gefunden, ich hab für mich meinen Frieden mit dem Ganzen gemacht, ich mag da nicht irgendwie mega emotional werden, ich mag mich davon auch nicht komplett beeinflussen lassen oder das Ganze noch so nen Stellenwert in meinem Leben einnehmen."
Jasmin ist heute 32 Jahre alt. Sie sagt, dass sie jetzt zwar nicht mehr jeden Tag an die Vergewaltigung denkt, ihr also nicht ständig schlimme Erinnerungen hoch kommen. Aber: Sie nimmt schon jeden Tag Medikamente, um mit den psychischen Folgen, die das Ganze für sie hatte, klarzukommen.
Paulus: Diese Facebook-Gruppe gibt es jetzt seit sieben Jahren und seit sieben Jahren kam kein entscheidender Hinweis, um den Täter zu finden. Warum lässt Jasmin die Gruppe noch weiterlaufen?
Zum einen, sagt sie, weil die Tat noch nicht verjährt ist. Vergewaltigung verjährt nach 20 Jahren, also in Jasmins Fall ist das 2025. Und so lange das Ganze noch nicht verjährt ist, will sie weitersuchen nach dem Täter. Sie weiß, dass das sehr unwahrscheinlich ist, dass der noch gefunden wird, aber ein bisschen Hoffnung ist noch da, sagt sie.
Jasmin: "Ich hab natürlich nicht völlig damit abgeschlossen. Natürlich wäre es für mich irgendwo schon eine Erleichterung, weil ich einfach für mich einen kompletten Abschluss finden könnte und auch einfach wüsste: Ist das jemand, der mich kannte? Ist das jemand, dem ich vollkommen fremd war? Aber natürlich wäre es für mich, ein Stück weit noch mal ja irgendwie ein bisschen mehr Abschluss quasi, zum Beispiel wenn ich ganz stumpf einfach wüsste: Kann ich den fragen? Kann ich den ansprechen? Sehe ich den? Stehe ich dem gegenüber in einem Gerichtssaal oder oder oder. (…) Aber es ist für mich heute so, dass ich sage: Ich hab schon meinen Frieden gefunden (…), ich bin in meinem Leben angekommen und ich hab durchaus noch andere Punkte irgendwie. Es ist schon so, dass mein Leben durchaus lebenswert ist, auch wenn dieser Täter nicht gefunden wird."
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