David Cameron hatte das Brexit-Referendum 2016 angesetzt. Heute ist er bestürzt über die Situation in seinem Land. Diese Woche veröffentlicht Großbritanniens Ex-Premier seine Memoiren und hat jetzt das erste TV-Interview seit seinem Rücktritt vor drei Jahren gegeben.
Am Montag war wieder so ein Tag, ein weiterer, in der Neverending-Brexit-Story: Boris Johnson hat eine Pressekonferenz geschwänzt, weil ihm zu viele Anti-Brexit-Demonstranten da waren. Vorher hatte er sich mit EU-Komissionschef Jean-Claude Juncker getroffen, um über den Brexit zu verhandeln. Ergebnis? Fehlanzeige.
Während beim Brexit immer noch keiner so recht weiß, wie es weitergeht, veröffentlicht nun derjenige, mit dem alles angefangen hat, seine Memoiren: Ex-Premierminister David Cameron. Sein Buch "For the Record" (Für's Protokoll) erscheint am Donnerstag (19.09.).
Cameron bestürzt über Spaltung des Landes
2016 war David Cameron Großbritanniens Premierminister. Er selbst war zwar gegen den Brexit, hatte aber das Referendum angesetzt. Am Ende entschieden sich 52 Prozent der Briten für den EU-Austritt. Dem britischen Sender ITV hat David Cameron nun das erste Fernseh-Interview seit seinem Rücktritt gegeben. Er ist bestürzt darüber, wie sich alles entwickelt hat, sagte er. Das Referendum selbst veranlasst zu haben, betrachtet er aber auch im Nachhinein als richtig.
"I’m deeply sorry about all that’s happened. There isn’t a day that goes by when I don’t think about all the decisions I made and all that has followed."
Cameron bangt um seinen Ruf
Unser Korrespondent Friedbert Meurer nimmt es dem Ex-Premier durchaus ab, wenn der sagt, er denke jeden Tag an das Brexit-Referendum. Es verfolge ihn wie ein Gespenst, und er wisse, dass ihm viele Menschen nie verzeihen werden. Letztendlich gehe es David Cameron aber auch um seine Reputation als Politiker, wenn er nun über den Brexit spricht.
"Ich glaube, es geht ihm einfach um seinen Ruf und seine Reputation."
David Cameron ist nach dem Brexit-Referendum von der politischen Bühne abgetreten. Seine Memoiren sind eine Abrechnung mit seinen früheren politischen Gegnern, unter anderem mit Boris Johnson. Im TV-Interview wurde David Cameron sehr deutlich: Das Verhalten des heutigen Premiers während der Brexit-Kampagne sei "abscheulich" gewesen. Die Aktion mit dem Bus, der mit der öffentlichkeitswirksamen aber falschen Behauptung, Großbritannien müsse wöchentlich 350 Millionen Pfund an die EU abgeben, durchs Land gefahren ist, bezeichnete David Cameron als "Lüge".
Harte Kritik an Michael Gove
Auch mit Michael Gove, dem jetzigen Minister für den No-Deal-Brexit, ist David Cameron im Interview hart ins Gericht gegangen, wie Friedbert Meurer berichtet. Mit den Goves waren die Camerons befreundet, sagt er. Mehrmals seien die Familien gemeinsam in den Urlaub gefahren. Später habe Michael Gove aber politisch gegen David Cameron gearbeitet und auch für den Brexit gestimmt.