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Einav Zangaukers Sohn Matan wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas verschleppt. Seitdem setzt sie sich für die Freilassung der Geiseln ein. Sie campt vor dem israelischen Parlament, kettet sich an Brücken und geht immer wieder auf Demonstrationen.

Einav Zangauker ist wütend: Sie brüllt bei Demonstrationen in Megaphone und zeltet vor der Knesset, dem israelischen Parlament, in dem sie seit ihrem letzten Besuch Hausverbot hat. Einav will, dass der Krieg zwischen Israel und der Hamas endlich endet und die Geiseln freikommen.

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Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und sein Kabinett tun viel zu wenig, findet sie. In einem Interview im israelischen TV sagt sie: "Die Karrieren dieser Clowns, die jetzt in unserer Führung sitzen, sind vorbei. Sie können noch einen Tag, noch zwei Tage, noch einen Monat spielen, bis Wahlen sind. Aber ich verspreche dir, für jede Sekunde, die mein Sohn wegen ihrer politischen Machenschaften in der Hölle leiden muss, werde ich sie zur Strecke bringen."

"Für jede Sekunde, die mein Sohn wegen ihrer politischen Machenschaften in der Hölle leiden muss, werde ich sie zur Strecke bringen."
Einav Zangaukers, Mutter einer israelischen Hamas-Geisel

Einav Zangauker arbeitet eigentlich als Reinigungskraft. Bis zu dem Tag, an dem ihr Sohn Matan von Hamas-Kämpfern auf dem Nova-Festival entführt wurde, hat sie ein ruhiges Leben geführt, so Marc Dugge, Korrespondent im ARD-Studio in Tel Aviv. Am 7. Oktober 2023 war es mit dem ruhigen Leben vorbei.

Auf den Schock folgt der Widerstand

Auf das schlimme Ereignis der Entführung habe Einav Zangauker zunächst mit Schock und Ungläubigkeit reagiert. Und sie hatte auch Hoffnung, dass die israelische Regierung ihren Sohn schnell befreien würde. Anfangs sei sie sehr still gewesen. Der Tag der Entführung hat ihr Leben komplett verändert, sagt sie. Zwischenzeitlich habe sie sogar daran gedacht aufzugeben, weil sie sich machtlos fühlte, doch mit der Zeit wuchs in ihr der Wille zum Widerstand.

"Wenn man sie auf Demos erlebt, diese Naturgewalt, die aus ihrer rausbricht, das ist beeindruckend."
Marc Dugge, Korrespondent im ARD-Studio in Tel Aviv

Einav Zangauker setzt sich unermüdlich für die Freilassung ihres Sohnes und der anderen Geiseln ein – vor allem durch ihre Präsenz auf Demonstrationen. Jeden Samstagabend nimmt sie in Tel Aviv an allen drei großen Protestzügen teil: bei den Regierungsgegnern, bei den Angehörigen der Geiseln und beim gemeinsamen Abschlussprotest.

Dort erlebt man sie als kraftvolle, eindrucksvolle Stimme – eine regelrechte Naturgewalt, die laut und entschlossen für die Freilassung kämpft, so unser Korrespondent.

Netanjahus schlimmster Albtraum

Einav Zangauker ist vollständig in ihrem Kampf für die Freilassung der Geiseln aufgegangen – und sie zahlt einen hohen Preis dafür. Mit ihren 46 Jahren wirkt sie inzwischen deutlich gezeichneter, ausgelaugt von der Belastung. Die New York Times beschrieb ihren Blick als Mischung aus Pein, Folter, Wut, Schlaflosigkeit – und Stahl. Diese Willenskraft, die sie trotz allem ausstrahlt, hat sie in Israel zu einer bekannten und bewunderten Figur gemacht.

Sie selbst nennt sich Netanjahus schlimmsten Albtraum. Früher war sie eine treue Wählerin des Ministerpräsidenten und stammt genau aus dem Milieu, in dem Netanjahu traditionell die größte Unterstützung erfährt: aus der ländlichen, eher rechts orientierten Bevölkerung, oft mit geringem Einkommen.

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Dass sich jemand wie sie nun so offen und entschieden gegen ihn stellt, macht sie für Netanjahu besonders gefährlich. Sie verkörpert den Vertrauensverlust in den eigenen Reihen – laut, sichtbar und unbeirrbar.

"Das macht sie für Netanjahu so gefährlich, weil er dort jemanden hat, der zu seinen Anhängern gehören würde und sich komplett gegen ihn wendet."
Marc Dugge, Korrespondent im ARD-Studio in Tel Aviv

Einav Zangauker ist entschlossen: "Ich werde Premierminister Benjamin Netanjahu zeigen, was öffentlicher Druck ist. Ich werde ihn zwingen, ein Abkommen einzugehen, das alle Geiseln einschließt und den Krieg beendet." Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Netanjahu persönlich unter Druck zu setzen.

Einav Zangauker gibt Geiseln Kraft

Einav ist nicht nur auf Demonstrationen präsent – sie setzt auch immer wieder medienwirksame Zeichen. Sie übernachtete in einem Zelt vor dem Parlament, kettete sich an Brücken, entzündete ein Lagerfeuer mitten auf der Autobahn. In einem Käfig ließ sie sich von einer Brücke abseilen – als Symbol für das Schicksal der Geiseln. All das hat sie zu einer der bekanntesten Stimmen im Kampf für deren Freilassung gemacht.

Ob sie wirklich etwas bewirken kann, ist umstritten. Viele sagen: Ja, sie hält das Schicksal der Geiseln im öffentlichen Fokus und setzt Netanjahu unter Druck. Ihre Aktionen machen sie zur Symbolfigur des Protests. Ihre Präsenz hilft auch den Geiseln selbst. Einige von ihnen berichten, wie wichtig es für sie war, in Medienberichten im Gazastreifen zu sehen, dass draußen Menschen für sie kämpfen – dass sie nicht vergessen sind. Und das allein ist schon ein bedeutender Erfolg.

Sohn Matan wahrscheinlich noch am leben

Vor einiger Zeit konnte sie ihren Sohn Matan im Video der Hamas sehen. Es beruhigte sie ein wenig, dass er noch alle Zähne hatte, denn in ihren Albträumen wurde er gefoltert, hatte keine Arme, saß im Rollstuhl, verlor ein Auge oder hatte gebrochene Zähne. Sie habe aber Angst in seinen Augen gesehen. Die Bilder hätten ihren Zorn und ihre Kritik an den feigen Entscheidungsträgern, die für seine Situation verantwortlich sind verstärkt.

In Israel werden ihre unermüdlichen Aktionen bewundert, doch es gibt auch kritische Stimmen. Einige empfinden ihre Herangehensweise als zu aggressiv und laut. Sie wird oft angegriffen, manchmal angespuckt und beleidigt, vor allem von denen, die ihre Methoden nicht unterstützen.

Kämpfen bis zur letzten Geisel

Kritiker werfen der Regierung vor, dass das Schicksal der Geiseln keine Priorität habe. Die Regierung verfolgt derzeit die Strategie, die Hamas zunächst zu schwächen. Einige argumentieren, dass die gefallenen Soldaten nicht umsonst gestorben sein sollen, was den Druck auf die Regierung erhöht, den Kampf fortzusetzen. Dennoch zeigen Umfragen, dass 70 Prozent der Israelis die Freilassung der Geiseln als oberste Priorität ansehen. Einav Zangauker genießt also großen Rückhalt.

Sie würde weiterkämpfen, selbst wenn ihr Sohn befreit wird. Sie erklärt: "Ich werde keine Ruhe geben, bis die letzte Geisel zurück ist. Wenn die Politiker nicht wollen, dass ich das Gesetz in die Hand nehme, sollen sie einfach alle Geiseln nach Hause bringen." Ihre Aktionen, so betont sie, seien legitim und notwendig, um ihr Ziel zu erreichen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Israelische Geiseln
Einav Zangauker ist Netanjahus Albtraum
vom 03. April 2025
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartner: 
Marc Dugge, Korrespondent im ARD-Studio in Tel Aviv