Manche Ureinwohner wollen keinen Besuch. Das kostete einen religiösen US-Amerikaner auf einer indischen Insel gerade das Leben. Unsere Reporterin berichtet von seinem tödlichen Missionierungsversuch und erklärt, warum Kontaktverbote manchmal sinnvoll sind.
Ein junger US-Amerikaner, John Chau, Mitte 20, offenbar glühender Christ, ist von Ureinwohnern der Insel North Sentinel getötet worden. Am Samstagmorgen (17.11.2018) begruben sie seinen Leichnam.
Die Inselbewohner gehören zu einem der wenigen unkontaktierten Völker auf der Welt. Unsere Reporterin Verena von Keitz hat sich mit dem Thema beschäftigt. Eigentlich ist klar, dass sich der Mann bewusst in Gefahr begeben hat. Das bestätigt auch Ulrich Delius. Er ist Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen.
"Er muss das Risiko gekannt haben, weil auch schon andere Leute zu Tode gekommen sind, die versucht haben, sich dieser Gruppe zu nähern."
Die indische Insel liegt rund 850 Kilometer westlich von Bangkok im Indischen Ozean. Fischer brachten John Chau verbotenerweise in das Sperrgebiet. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die Inselbewohner Fremde angreifen. Das letzte Stück paddelte John Chau allein in einem Kanu zum Strand. Er sei von den Ureinwohnern umringt und mit Pfeilen beschossen worden.
John Chau beschreibt in seinen Reisenotizen, die der Zeitung Washington Post vorliegen, dass er mit kleinen Geschenken, mit Fisch und einer Bibel auf die Insel ging. Er wollte den Bewohnern das Christentum nahebringen.
Ein tödlicher Besuch für John Chau
John Chaus Leichnam ist noch immer auf der Insel. Die indischen Behörden überlegen, wie sie ihn abtransportieren können, ohne die Inselbewohner zu stören und weitere Auseinandersetzungen zu provozieren. Die Fischer sind verhaftet worden, weil sie gegen die Schutzbestimmungen verstoßen haben, die für dieses isolierte Volk gelten.
"Denen droht sicher eine Haftstrafe, weil sie sich haben bestechen lassen. Indiens Behörden gehen relativ hart dagegen vor. Sie wissen, was diese Urlauber riskieren und dass tödliche Krankheiten eingeschleppt werden."
Auf der ganzen Welt gibt es geschätzt 170 unkontaktierte oder isoliert lebende Völker, etwa 100 davon im brasilianischen Amazonasgebiet (unser Foto). Das sind kulturell und ethnologisch gesehen sehr alte Menschengruppen, die in großen geschlossenen Regenwäldern von der Jagd und von Früchten leben.
Der Kontakt zur Außenwelt ist für diese indigenen Völker wirklich problematisch. Sie können von für uns ungefährlichen Keimen und Viren, die wir mit uns rumtragen, getötet werden. Außerdem haben sie im Laufe ihrer Geschichte oft schlechte Erfahrungen mit Verfolgung und Gewalt gemacht.
Schwindende Rückzugsräume
Ulrich Delius sagt, dass dieser Gruppen nicht ausreichend geschützt werden. Holz- und Palmölindustrie bedrohen ihre Lebensgrundlage. Gerade in Brasilien steht es seit dem Machtwechsel sehr schlecht um die Rechte dieser Völker, weil der neu gewählte Präsident Jair Bolsonaro sie nicht weiter schützen will.
Das ist in Indien etwas anders, aber auch dort wird nicht genug getan um den Schutz immer durchzusetzen, sagt Ulrich Delius.
"Immer wieder kommt in einem anderen Gebiet auf den Andamanen Inseln vor, dass Menschensafaris gemacht werden, dass Touristen in Bussen sitzen und darauf warten, dass Ureinwohner aus dem Wald rauskommen, sie ihnen Bananen hinlegen, um dann eben das tolle Foto zu bekommen."
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