• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Das Regime möchte die Menschen im Iran zum Schweigen bringen. Doch laut Journalistin Natalie Amiri kämpfen sie entschlossen für ein Ende des Regimes und schöpfen gerade Kraft für den nächsten großen Protest.

Im Rahmen der Proteste im Iran hat das Regime seit September 2022 vier Männer erhängen lassen, mehr als 570 Menschen getötet – darunter 70 Kinder – und rund 20.000 Menschen in Gefängnisse gesteckt, wo sie Folter und Vergewaltigung ausgesetzt sind. Die Machthaber versuchen, die Menschen zu brechen, sagt Natalie Amiri. Aber die Menschen kämpfen weiter: Sie wollen dem Regime ein Ende setzen, ergänzt die Journalistin und Iran-Expertin.

Vereinzelte Proteste

Momentan sei es um die großen landesweiten Proteste zwar stiller geworden. Die Menschen im Iran gehen aber weiterhin auf die Straße, wenn auch vereinzelt. In der Provinz Sistan und Belutschistan zum Beispiel – der ärmsten des Landes – gebe es jeden Freitag Massendemonstrationen.

"Die Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi hat mir vor Kurzem gesagt, dass diese Revolution wie eine Zugfahrt ist. Sie nimmt Fahrt auf, wird wieder ein bisschen langsamer, legt einen Stopp ein und beschleunigt dann wieder", erzählt Natalie Amiri. Was die Menschen dabei fokussiert im Blick behielten, sei ihr Ziel.

"Es braucht nur einen Anlass, dass es wieder eine geballte Wut gibt und die Menschen auf die Straße kommen."
Natalie Amiri, Journalistin

Anlässlich des 44. Jahrestages der Islamischen Revolution, dem 11. Februar, soll Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei Zehntausende Gefangene begnadigt haben. Das berichten iranische Staatsmedien. Das Regime zeigt sich großzügig, so Natalie Amiri. Dahinter stecke Strategie. Die Machthaber erhoffen sich davon, dass sich die Lage entspannt, die Menschen im Land Ruhe geben.

Doch die Menschen machen genau das Gegenteil. Sie möchten ein Ende der Islamischen Republik. In einer Online-Umfrage des angesehenen Instituts Gamaan aus den Niederlanden haben 81 Prozent der über 157.000 Teilnehmenden gegen die Islamische Republik gestimmt. Die Antwort der Iraner*innen, die im Ausland leben, ist noch eindeutiger: Hier haben sich 99 Prozent der über 42.000 Befragten für ein Ende des Regimes ausgesprochen.

"Dass das Regime in Zukunft mild mit der Bevölkerung umgehen wird und beliebt sein wird, darüber lachen die Menschen im Iran."
Natalie Amiri, Journalistin

Druck von allen Seiten ist da

Dieser Druck aus dem Ausland sei neu, sagt Natalie Amiri. "Die Iranerinnen und Iraner im Ausland haben zu einem großen Teil beschlossen, nicht mehr zu schweigen." Sie setzten gerade alles auf eine Karte. Dass sie ihre Stimme gegen die Machthaber erheben, bedeute auch, dass sie auf unbestimmte Zeit nicht in den Iran zurückzukehren und ihre Familien auf unbestimmte Zeit nicht besuchen können.

Während das Regime von außen unter Druck gesetzt würde, könnten sich die Menschen im Land etwas von den vergangenen Monaten des Kämpfens erholen, so die Journalistin. Die Kraft brauchten sie für den nächsten großen Protest.

Shownotes
Natalie Amiri über Protest im Iran
"Das Ziel ist definiert: Sie wollen den Regime-Change"
vom 10. Februar 2023
Moderator: 
Christoph Sterz
Gesprächspartnerin: 
Natalie Amiri, Journalistin und Iran-Expertin