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Viele Frauen übertreiben es mit der Intimhygiene. Das ist das Ergebnis einer kanadischen Studie: 1400 Frauen sind befragt worden. 95 Prozent sagen, sie benutzen spezielle Produkte, um die Scheide zu reinigen und zu pflegen. Und die Frauen, die diese Produkte verwenden, haben dreimal häufiger einen vaginalen Infekt als andere.

Malgorzata Banys-Paluchowski, leitende Gynäkologin am Marienkrankenhaus in Hamburg sagt, dass wir uns durch zu viel Hygiene im Scheidenbereich Krankheiten einfangen können – einen Hefepilz zum Beispiel oder eine bakterielle Infektion. Und zwar läuft das Ganze über einen kleinen Umweg.

"Ziel einer guten Intimpflege ist es, die gesunde Scheidenflora zu unterstützen und zu schützen. Und nicht zu zerstören. Die Scheide ist kein bakterienfreier Raum, im Gegenteil, in der Scheide befinden sich Milliarden Bakterien."
Malgorzata Banys-Paluchowski, leitende Gynäkologin am Marienkrankenhaus in Hamburg

In einer gesunden Scheide leben vor allem Lactobazillen, die sogenannten Milchsäurebakterien. Sie sorgen dafür, dass der PH-Wert in der Vagina kontinuierlich im niedrigen sauren Bereich liegt (zwischen 4 und 5).

Seife hat einen sehr hohen PH-Wert und kann die Scheidenflora zerstören. "Das gilt für viele Pflegeprodukte, vor allem, wenn sie häufig verwendet werden", sagt die Gynäkologin. Und wenn die Scheidenflora zerstört ist, begünstigt das den Einfall von schädlichen Bakterien, die Infekte auslösen können.

Die Scheide braucht warmes Wasser, sonst nichts

Malgorzata Banys-Paluchowski gibt aber auch zu bedenken, dass die Studie keine Auskunft darüber gibt, ob die Infektionen bei den Frauen auf die Verwendung von Scheidenpflegeprodukten zurückzuführen ist. Oder ob die Frauen die Produkte gekauft haben, um damit etwas gegen bereits bestehende Beschwerden zu unternehmen.

"Viele Infektionen sind auf die übermäßige Intimhygiene zurückzuführen und nicht auf die mangelnde Intimhygiene."
Malgorzata Banys-Paluchowski, leitende Gynäkologin am Marienkrankenhaus in Hamburg

Banys-Paluchowski sagt, es sei vollkommen ausreichend, den äußeren Intimbereich mit warmem Wasser zu waschen. Wer unbedingt Pflegeprodukte verwenden möchte, sollte darauf achten, dass sie wirklich nur außen reinigen.

"Scheidenspülungen sind eher schädlich, weil sie das natürliche Gleichgewicht durch die Laktobakterien eher zerstört."
Malgorzata Banys-Paluchowski, leitende Gynäkologin am Marienkrankenhaus in Hamburg

Frauen, die zu Infektionen oder Vaginalreizungen neigen, sollten auf sehr enge Jeans und sehr enge Unterwäsche verzichten, sagt die Gynäkologin. Außerdem helfe eine gesunde Ernährung, den natürlichen PH-Wert in der Scheide zu halten. 

Pusteln nach der Intimrasur

Ob Mann oder Frau, wer nach einer Intimrasur starken Juckreiz verspürt, sollte es auch dann zunächst nur mit warmem Wasser versuchen. Sobald aber der Intimbereich wirklich entzündet ist – zum Beispiel mit Bläschen oder eitrigen Abszessen – sollte man eher zum Arzt gehen, anstatt neue Pflegeprodukte auszuprobieren.

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Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Vagina
Intimhygiene - weniger ist mehr
vom 18. April 2018
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Malgorzata Banys-Paluchowski, leitende Gynäkologin am Marienkrankenhaus in Hamburg