Gesundheitsdaten sind sensible Daten. Kranke könnten mit solchen Daten diskriminiert werden. Mit diesen Informationen muss entsprechend sorgfältig und sparsam umgegangen werden. Auch und insbesondere in einer Krise wie der Corona-Pandemie. Wie gut oder schlecht der Rechtsstaat unsere Daten schützt, das berichtet der Datenschützer und Jurist Stefan Brink.
Wer Unsicherheit erlebt, strebt nach Absicherung. Eine Krise verstärkt dieses Streben – auf Kosten rechtsstaatlicher Prinzipien, sagt Stefan Brink. Er hat seit dem Lockdown im März eine Verschiebung des Machtgefüges hin zur Exekutive festgestellt. In Zeiten des Social Distancing tagen Parlamente seltener, sagt er, und die Opposition stehe unter "Solidaritätsdruck".
"Ungewissheit und Krise sind die Stunde der Exekutive."
In solchen Situationen geht es oft auch um unser Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also um das Recht, selbst darüber zu bestimmen, welche personenbezogenen Daten wir preisgeben möchten. Sei es (während des Lockdowns) bei der öffentlichen Gesundheitsvorsorge, beim Home-Schooling oder (nach dem Lockdown) am Arbeitsplatz oder beim Restaurantbesuch.
Brink schaut sich diese Bereiche im Einzelnen an. Von Sicherheitslücken beim Fernunterricht via Zoom bis hin zum Umgang der Polizeibehörden mit den Daten der Gesundheitsämter.
"Leider haben nicht wenige Gesundheitsämter auf diese Bitte der Polizeibehörden reagiert und haben solche Infektionsdaten herausgegeben. Das war ein ganz schwerer Fehler."
Verlockende Daten
Die Möglichkeit via Smartphone Daten sammeln zu können, hat ebenfalls Begehrlichkeiten geweckt: Zu Beginn der Diskussion um eine Corona-App, war auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der CDU, dafür, die Standort-Daten der Geräte zu nutzen, also personalisierte Informationen zu sammeln. Die seit Juni verfügbare App verzichtet nun darauf. Aber unser Redner vermisst weitere gesetzliche Absicherungen in einem Begleitgesetz.
"Wir Datenschützer wollen, dass sich das Parlament dafür einsetzt, dass diese App-Nutzung freiwillig ist."
"Grenzwertige" Datensammlung
Die verordnete Datensammlung, die "Pflicht zum Führen einer Anwesenheitsdokumentation mit Informationen zur Kontaktnachverfolgung" beim Kneipenbesuch oder im Fitnessstudio erscheint Rechtsanwalt Niko Härting "grenzwertig".
"Das wird zu einer Art Blankoscheck für Datensammlungen aller Art."
Härting begreift diese Erhebung als "Vorratsdatenspeicherung". Rechtlich seien viele Sachverhalte ungeklärt.
Zum Vortrag
Stefan Brink ist Jurist und Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Baden-Württemberg. Seinen Vortrag hat er für den Hörsaal am 11. Juni 2020 gehalten.
Niko Härting ist Rechtsanwalt in Berlin, mit den Schwerpunkten Datenschutz und Internet. Er podcastet seit April 2020 zu "Corona im Rechtsstaat".