Tara Wittwer entlarvt ungesunde Muster im gemeinsamen Umgang. Dazu gehört zum Beispiel toxische Männlichkeit. Wittwer zeigt, warum eine gute Beziehung zu uns selbst eine gute Basis ist, um sich auf andere einzulassen.
Es ist ein doppeltes Dilemma: "Wenn man nicht gut mit sich selbst ist, kann man Liebe oft nicht annehmen. Weil man denkt, man hat sie nicht verdient", sagt Tara Wittwer. "Außerdem kann man Liebe nicht richtig geben, weil man möglicherweise so viel von sich gibt, dass am Ende nicht mehr viel von einem selbst übrig bleibt." Deswegen ist für Wittwer die Beziehung zu sich selbst die wichtigste Beziehung überhaupt.
"Man muss sich selbst auch sehr wichtig nehmen."
Grenzen als einziges Mittel gegen Toxizität
Um die Diskussion mit Menschen, die nicht zuhören oder den Unterschied zwischen Kritik und Mobbing nicht kennen, gehe es ihr nicht. Und so ist das Beispiel von Taras Hater die perfekte Überleitung zu ihrem Thema toxische Beziehung, das sehr viel mit dem Setzen von Grenzen zu tun hat – ganz gleich ob in der digitalen oder analogen Welt.
Aber mal von Anfang an: Vor Jahren steckte Tara selbst in zwei toxischen Beziehungen fest. Die eine sei die Liebesbeziehung mit ihrem Ex-Freund gewesen, die andere eine Freundschaft.
Das Gefühl, es nie richtig machen zu können
Über die damalige Freundin erzählt Tara: "Ich habe mich immer schlecht gefühlt, wenn ich mit ihr zusammen war, und wusste nicht warum." Ein Muster in dieser Freundschaft war, dass es immer wieder zu Streitereien gekommen ist. Schließlich, sagt Tara, habe sie unterschiedliche Verhaltensstrategien ausprobiert, um zu schauen, was ihre Freundin nicht provozieren würde. Doch am Ende sei es immer zu einem Streit gekommen.
"In einer toxischen Beziehung gibt es keine Stabilität. Weil du nie weißt, wann es Streit oder Stress gibt, rechnest du einfach immer damit."
Irgendwann begann Tara zu googeln, was es denn war, was zwischen ihr und ihrer Freundin nicht stimmte. Und dann kam sie auf die Schlagworte toxische Beziehung und Narzissmus. Begriffe, die in Deutschland vor ein paar Jahren noch nicht so verbreitet waren wie heute.
Es folgte die Auseinandersetzung mit Fachliteratur, der Austausch mit Fachleuten, um Expertise zu sammeln. Und dann ist sie mit dem Thema in die Öffentlichkeit gegangen.
Probleme klar benennen und Lösungen aufzeigen
Heute erreicht Tara auf ihrem Instagramkanal 154.000 Menschen, auf TikTok hat sie über 40.000 Follower*innen. Ziel ihrer Arbeit sei es nicht, Männer abzuwerten oder über einen Kamm zu scheren, betont sie, sondern Betroffene – meist Frauen – zu empowern, nicht alles mit sich machen zu lassen. Außerdem will sie dazu beitragen, dass Betroffene toxische Beziehungsmuster schneller erkennen. Denn meistens, so Taras Erfahrung, flüstere einem das eigene Bauchgefühl bereits zu, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt. Das einzuordnen und zu benennen sei aber der Schritt, der vielen schwerfalle. Welche Muster greifen und wie wir diese gemeinsam durchbrechen hat Tara gerade in ihrem aktuellen Buch unter dem Titek aufgeschrieben: Dramaqueen - Frauen zwischen Beurteilung und Verurteilung.
"Mir geht es nicht darum, irgendwen zu diffamieren oder zu sagen: typisch Mann, ändere dein Verhalten. Das bringt sowieso nichts."
Verantwortung für sich selbst übernehmen
Obwohl es Tara wichtig ist, in Sachen Toxizität und Narzissmus kein Blatt vor den Mund zu nehmen, kritisiert sie, dass die Begriffe inflationär benutzt werden. Bei den wenigsten Menschen, die einem nicht guttun, handele es sich um Narzissten. Daher bevorzugt sie den Ausdruck narzisstische Züge, die seien viel häufiger verbreitet.
Als Beispiel nennt sie Fälle, wo Menschen sich "totdiskutieren" und in denen eine Person die Argumente, Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers negiere und sich selbst aus der Verantwortung herauswindet.
"Toxische Beziehungen sind auch körperlich ungesund, weil sie wie ein permanenter Rollercoaster sind. Abwechselnd werden Dopamin und Adrenalin ausgeschüttet, das schwächt irgendwann das Immunsystem."
Da helfe es nur, das eigene Selbstwertgefühl zu stärken und Grenzen zu setzen, meint Tara. Entweder du verhältst dich das nächste Mal anders oder ich mache das nicht mehr mit. Die große Herausforderung sei es dann, auch wirklich zu gehen, wenn der oder die andere diese Grenze nicht einhält.
Im Deep Talk mit Sven Preger erklärt Tara außerdem, welche Strategien Menschen mit narzisstischen Zügen anwenden und warum Streit kein Anzeichen dafür ist, dass eine Beziehung ungesund ist.
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