Indonesiens Regierung ist auf der Suche nach einer neuen Hauptstadt. Denn die Millionenmetropole Jakarta versinkt im Wasser - schneller als Venedig. Und das liegt nicht am Klimawandel.
Im Stadtteil Muara Baru, ganz im Norden von Jakarta, reicht das Meer schon fast bis zur Mauerkrone. Die Schutzmauer soll das Meer von der Stadt fernhalten. Vier Millionen Einwohner der indonesischen Hauptstadt leben bereits unterhalb des Meeresspiegels – zum Teil vier Meter darunter, berichtet unser Südostasien-Korrespondent Holger Senzel. "Venedig sinkt im Jahr zwei Millimeter ab. Jakarta sinkt 25 Zentimeter in einem Jahr ab."
"Wenn die Mauer mal brechen sollte, und die macht keinen stabilen Eindruck, dann wäre Jakarta in ein bis zwei Tagen - salopp gesagt - abgesoffen."
Illegale Wasserentnahmen lassen Jakarta im Meer versinken
Jakarta ist nach Tokio der zweitgrößte Ballungsraum der Welt. Rund 30 Millionen Menschen wohnen in der Hauptstadt und ihren angewachsenen Vororten. Gleichzeitig ist Jakarta die am schnellsten sinkende Metropole der Welt. Und das liegt nicht am Klimawandel oder dem steigenden Meeresspiegel, sagt Holger Senzel. Der Grund für das Absinken der Stadt sei vielmehr, dass nur etwa die Hälfte der Menschen ans öffentliche Wassernetz angeschlossen seien: Rund die Hälfte der Stadtbewohner pumpe Wasser aus selbstgegrabenen Brunnen, was den Untergrund aus Lehm und Ton immer weiter austrocknen und absacken lasse.
"Das Wasser wird rausgepumpt, es wird entzogen, das ist wie Joghurt: Wenn man dem das Wasser entzieht, dann schrumpelt der zusammen."
Das Problem ließe sich eigentlich lösen, sagt Holger Senzel, wenn man die ganze Stadt ans Wassernetz anschließen würde. Machbar wäre das. Aber davon sei im Moment noch nichts zu spüren. "Die sinken sich quasi selbst in den Grund hinein."
Gleichzeitig kommt es in Jakarta immer wieder zu Überschwemmungen. Die zahlreichen Flüsse und Kanäle, die durch die Stadt fließen, bringen viel Regen aus den angrenzenden Bergen in die Stadt. Die Folge: Flüsse treten bei viel Regen über die Ufer. Das Wasser kann nicht versickern, weil der Boden fast überall mit Beton und Asphalt versiegelt ist, berichtet unser Korrespondent. Das Wasser fließe quasi über die Oberfläche ins Meer.
"Wenn sich innerhalb von zehn Jahren nicht wirklich was tut, dann wird Jakarta wie Atlantis auf dem Grunde der Javasee versinken."
Die Bevölkerung, sagt Holger Senzel, nimmt das Problem nicht wirklich zur Kenntnis. Manche wehrten sich sogar gegen die Maßnahmen, die die Regierung ergreife.
Indonesiens Regierung sucht eine neue Hauptstadt
Denn die Politik hat das Problem zumindest erkannt, so unser Korrespondent. Sie plant einen 40 Kilometer langen Deich rund um die Bucht von Jakarta, um die Stadt vom offenen Meer abzutrennen und zu schützen. Das Projekt soll bis 2025 fertiggestellt sein - doch Anwohner wehren sich dagegen, aus Angst vor Enteignungen. Außerdem glauben viele, dass das Geld für den Deich sowieso in den Händen korrupter Eliten verschwinden würde.
Außerdem hat Indonesiens Präsident Joko Widodo die Planungsbehörde beauftragt, einen Standort für eine neue Hauptstadt zu suchen. Der aussichtsreichste Kandidat ist die 200.000-Einwohner-Stadt Palangka Raya auf der Insel Borneo. Der Vorteil von Palangka Raya: Die Stadt liegt außerhalb des pazifischen Feuerringes, ist nicht erdbebengefährdet und 170 Kilometer vom Meer entfernt. Um dieses Projekt umzusetzen, wären aber noch größere Investitionen notwendig, berichtet Holger Senzel.
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