Wieder kam es in Indien zu Vergewaltigungen. Die Opfer, oft Mädchen, wurden nach der Tat auch noch angezündet. Leider gehören solche Fälle zum Alltag, sagt unser Korrespondent. Der Staat greife zu wenig ein.
Im ostindischen Bundesstaat Jharkhand wurde ein 17-jähriges Mädchen missbraucht und bei lebendigem Leib angezündet. Das Mädchen überlebte schwer verletzt. Im selben Bundesstaat wurde eine 16-Jährige nach einer Vergewaltigung verbrannt - aus Wut über die Strafe, die ein Dorfrat ausgesprochen hatte - es ging um 100 Sit-ups und einen Geldbetrag. Ähnliche Fälle gibt es auch in Pakistan.
Missbrauch und sexuelle Gewalt
Fälle wie diese sind derart grausam, dass sie sogar bei uns in die Schlagzeilen kommen. Von einer neuen Art der Brutalität kann unser Korrespondent in der Region, Jürgen Webermann, aber nicht sprechen - das sei leider in gewisser Weise Alltag, sagt er. Es gebe ständig neue Fälle von Gruppenvergewaltigungen in Indien, auch Touristinnen gehören zu den Opfern.
"Hier in Neu Delhi ist just diese Woche noch eine junge Mutter in einem Auto von mehreren Männern vergewaltigt worden. Ihr drei Jahre altes Kind haben die Täter einfach aus dem fahrenden Wagen geworfen."
Vergewaltigung auf Befehl
Auf dem Land in Indien herrschten vielerorts noch archaische Strukturen, sagt Jürgen Webermann. Eine besondere Rolle spielen dabei die Dorfräte, sowohl in Indien als auch in Pakistan. Unser Korrespondent berichtet von einem Fall von 2014, als ein Dorfrat eine Vergewaltigung an einem Mädchen quasi befohlen hatte, weil sie eine Beziehung mit einem Jungen aus einer niederen Kaste hatte.
"Die Strafe war, dass die Männer des Dorfes dieses Mädchen vergewaltigen sollten, was sie dann auch getan haben."
Indiens Kabinett hat zwar am 21. April eine Verordnung erlassen, die die Vergewaltigung von Mädchen unter zwölf Jahren unter Todesstrafe stellt. Es gab in den vergangenen Wochen außerdem zahlreiche Proteste in verschiedenen Städten des Landes. Doch die überlebenden Vergewaltigungsopfer und Hinterbliebene leiden oft ein Leben lang unter der Tat, so Jürgen Webermann, weil sie neben den psychischen und psychischen Folgen der Tat auch sozial geächtet werden. Der Staat gehe einfach nicht hart genug vor.
"Der Staat schreitet da - wenn überhaupt - viel zu spät ein. Die meisten Fälle werden auch gar nicht bekannt."
Die Dorfräte sind eigentlich zur Selbstverwaltung des Dorfes da, haben aber keinerlei juristische Befugnis, erklärt unser Korrespondent. Darum gehen sie mit derartigen Bestrafungsaktionen oder Urteilen viel zu weit.
"Auf dem Papier ist es so, dass in Indien und auch Pakistan Todesstrafen für schlimme Fälle von Vergewaltigungen möglich sind", so Jürgen Webermann. Praktisch würden viele Fälle aber erst gar nicht publik. Mit den jüngsten Fällen beschäftigt sich nun allerdings auch die Polizei, eben weil es viele Proteste und öffentlichen Druck gab. 18 Männer seien bislang verhaftet worden. Doch der Weg hin zu einer effektiven Justiz sei noch lang, meint Jürgen Webermann.
"Auch die Justiz hat da noch große Probleme."
- Thennamadevi - das Dorf der Mädchen | Die Männer saufen, schlagen Frauen und Kinder, viele fahren sich tot. Das Dorfleben ist am Ende. Jetzt haben die Mädchen des Dorfes ihr Schicksal selbst in die Hand genommen.
- Vergewaltigungsopfern mit Snapchat eine Stimme geben | Rund alle 20 Minuten wird in Indien eine Frau vergewaltigt. Die soziale Ächtung der Opfer ist massiv. Viele trauen sich daher nicht, die Täter anzuzeigen. Yusuf Omar bietet Frauen seinen Snapchat-Kanal an, um darüber zu sprechen.
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