Die wichtigste Info zuerst: So viele Impfgegner gibt es gar nicht. Trotzdem lassen sich manche Menschen nicht impfen – oder ihre Kinder. Woran das liegen könnte und wie sich das ändern ließe, solche Fragen stellt sich die Psychologin Cornelia Betsch.
Im März kommt die Impfpflicht. Allerdings wird dann nur die Impfung gegen eine Krankheit verpflichtend – die Masern – und das wiederum nur für Kinder oder Beschäftigte von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten. Ob eine Pflicht zur Impfung sinnvoll ist, beleuchtet Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation, in ihrem Vortrag.
Allgemein sieht Cornelia Betsch drei Gründe für das Impfen:
- Impfungen sind effektiv
- Impfungen sind sozial
- Impfungen sind ein Grundrecht
"Impfen ist eine soziale Sache."
Die Weltgesundheitsorganisation WHO betrachtet Impfen als ein Recht und eine Verantwortung. Cornelia Betsch führt aus, was dieses Recht und diese Verantwortung konkret ausmacht. Sie geht dabei auch auf Menschen ein, die sich nicht impfen lassen.
Impfgegner nicht verantwortlich für niedrige Impfquote
Die sogenannten Durchimpfungsraten sind für manche Krankheiten zu niedrig. Aber: Obwohl so viel über erklärte Impfgegner berichtet wird, sind diese nicht verantwortlich für niedrige Impfquoten. Als waschechte Impfgegner könnten deutschlandweit nur etwa zwei bis fünf Prozent der Menschen bezeichnet werden, sagt die Psychologin aus Erfurt.
"Es gibt nicht immer mehr Impfgegner. Aber wir denken das manchmal."
Wenn aber nicht das Vertrauen in die Wirksamkeit einer Impfung ausschlaggebend ist, was ist es dann? Sie nennt andere Faktoren, die ihres Erachtens bislang nicht ausreichend beachtet wurden:
- Risikowahrnehmung
- praktische Barrieren
- Verantwortung
"Man sollte sich immer fragen: Geht es hier um Meinungen? Oder um Evidenz?"
Die Psychologin schildert, welche Möglichkeiten es gäbe, um Menschen sinnvoll an ausstehende Termine zu erinnern oder um an ihr Verantwortungsbewusstsein zu appellieren.
Merkmale bei Impfgegnern und Klimaleugnern ähnlich
Bei den wenigen Impfgegnern, die es gibt, diagnostiziert sie fünf Merkmale der Wissenschaftsleugnung:
- falsche Experten
- logische Fehler
- unmögliche Erwartungen
- Rosinenpickerei
- Verschwörungstheorien
Diese Merkmale stammen aus der Forschung zum Leugnen des menschengemachten Klimawandels, spielen aber auch hier eine Rolle, sagt sie. Wie solchen Strategien zu begegnen ist, erklärt sie im Vortrag. – Zum Beispiel mit Argumenten wie denen des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts zu den 20 häufigsten Einwänden gegen das Impfen.
Cornelia Betsch ist Heisenberg-Professorin für Gesundheits-Kommunikation an der Universität Erfurt. Als Psychologin erforscht sie zum Beispiel, wieso Menschen sich nicht impfen lassen. Ihren Vortrag mit dem Titel "Dafür oder dagegen? Impfen aus Sicht der Psychologie" hat sie am 29. Oktober 2019 auf Einladung der Dresdner Kinderhilfe und des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden gehalten.