Grenzschützer drängen Boote mit Geflüchteten systematisch auf das offene Meer zurück. Diesen sogenannten Pushback-Aktionen soll die Grenzagentur Frontex vertuscht haben. Vor einer Untersuchungsgruppe des Europäischen Parlaments musste sich der Frontex-Chef nun äußern.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Fabrice Leggeri mit Vorwürfen auseinandersetzen muss. Bereits im vergangenen Dezember forderten einige europäische Abgeordnete den Rücktritt des Frontex-Chefs. Nun musste er sich vor einer Untersuchungsgruppe des EU-Parlaments zu den Vorwürfen äußern, Frontex würde sich an Pushback-Aktionen im Mittelmeer beteiligen.
"Zum einen darf er als Chef von Frontex nicht zulassen, dass seine Agentur geltendes EU-Recht bricht. Zum anderen hat Leggeri bei manchen Abgeordneten ein Glaubwürdigkeitsproblem."
Vergangenen Herbst kam es durch Journalistinnen und Journalisten zu ersten Enthüllungen illegaler Pushback-Aktionen, die auch die Beteiligung der Grenzagentur vermuten lassen. Diese sollen durch interne Dokumente, Zeugenaussagen und auch durch Videoaufnahmen belegt sein, erklärt Paul Vorreiter, Deutschlandfunk-Korrespondent in Brüssel.
Viele europäische Abgeordnete zweifeln deshalb an der Glaubwürdigkeit Leggeris, der bislang eine direkte oder indirekte Verwicklung geleugnet hat.
Mögliche Grundrechtsverletzungen werden geprüft
Aus diesem Grund überprüft nun eine 14-köpfige Arbeitsgruppe mögliche Grundrechtsverletzungen. Gestartet hat diese Untersuchung mit dem Verhör des Frontex-Chef und der EU-Kommissarin Ylva Johansson.
"Leggeri ist ganz seiner Linie treu geblieben. Er sagte: In dem internen Bericht der Grenzagentur gäbe es keine Hinweise auf Grundrechtsverletzungen."
Überraschungen gab es bei der Anhörung nicht. Der Chef der Grenzagentur hat weiterhin geleugnet, dass es Grundrechtsverletzungen gegeben haben könnte. In einem Bericht seien die Vorwürfe ebenfalls intern geprüft worden - ohne jegliche Hinweise.
Außerdem habe er versucht, die Rolle seiner Agentur herunterzuspielen, so Paul Vorreiter. Leggeri meinte, die Rolle seiner Agentur würde sich darauf beschränken, die griechischen Grenzschützer zu unterstützen. Die Einschätzung unseres Korrespondenten: Der Erkenntnisgewinn der Anhörung ist sehr mager.
"Die Arbeitsgruppe will sicherlich mehr herausfinden, als die Versuche, die es bisher gab. Sie werden Journalisten anhören aber auch Beamten und Zeugen, die in den Aktionen verwickelt gewesen sein sollten."
Kritiker, unter anderem Jan Böhmermann, warfen der EU bereits vor, wenig Interesse daran zu haben, die Vorwürfe aufzuklären. Paul Vorreiter sieht das etwas anders und meint: Das kommt darauf an, wer mit EU gemeint ist.
Die EU-Innenkommissarin habe sich, ähnlich wie Fabrice Leggeri, eher versucht aus der Schusslinie zu bringen, indem sie sagte, dass sie zwar die politische Verantwortung für die Agentur trage, aber keine inhaltlichen Anweisungen geben könnte. Die Arbeitsgruppe hingegen zeige ein großes Interesse, mehr Licht ins Dunkel zu bringen.
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