Es klingt wie ein Alptraum, der nie wahr werden sollte: Von einem Tag auf den anderen Tag ist die Journalistin Tina Groll offiziell kriminell. Und das nur, weil Unbekannte ihren Namen und ihr reales Geburtsdatum geklaut hatten.
Es ist der 23. Dezember 2009. Die Journalistin Tina Groll öffnet ihren Briefkasten und findet darin eine Mahnung eines Inkasso-Unternehmens mit einer Forderung von hunderten von Euro Strafgebühren – weder den Absender, noch die Firma, bei der sie angeblich Waren bestellt haben soll, kannte Tina Groll. Alles was sie wusste, war, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte.
"Das war ein Leben wie bei Kafka. Ich bin aufgewacht und war auf einmal die gesuchte Betrügerin."
Dass unbekannte Betrüger in ihrem Namen hunderte von teuren Artikeln bestellt und nie bezahlt hatten, wusste sie an diesem Tag noch nicht. Auch, dass sie dieser Alptraum ein Jahr lang begleiten würde, konnte sie damals nicht ahnen.
Jeden Tag neue Mahnungen
Denn es ist nicht bei einer Mahnung geblieben. In den darauffolgenden Wochen hat Tina Groll jeden Tag mehrere Schreiben erhalten. In hunderten von Fällen hatten Betrüger mit ihrem Namen teure Waren wie beispielsweise Fernseher oder Markenklamotten bestellt und nie bezahlt. Als sie dann herausgefunden hatte, dass mittlerweile sogar ein Haftbefehl gegen sie vorlag, hat sie sich umgehend einen Anwalt gesucht und eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei aufgegeben.
"Es waren am Ende hunderte von Fällen, in denen Betrüger sich als Tina Groll ausgaben und unfassbar viel geshoppt haben."
Insgesamt hat es Tina Groll gut ein Jahr gekostet, in dem sie täglich auf mehrere Mahnschreiben geantwortet und versucht hat, die falschen Forderungen abzuwehren. Die Forderungen der Firmen musste Tina Groll im Endeffekt nicht zahlen, denn die Firmen konnten ihr nicht nachweisen, dass sie tatsächlich diejenige war, die all die Waren bestellt und nicht bezahlt hatte. Viel schlimmer war es für Tina Groll, dass nun überall falsche Daten von ihr kursierten.
"Der eigentliche Schaden sind die falschen Daten, die dadurch entstehen und die dann in der Welt überall herumkursieren. Das ist in Zeiten von Big Data wirklich sehr problematisch."
Falsche Daten, darunter sind nicht nur ihre falschen Adressdaten gefallen, die ihr zugeordnet wurden, sondern auch die Daten, die bald bei den über 80 Wirtschaftsauskunftsunternehmen wie der Schufa eingetragen waren, erklärt Tina Groll. Dort wurde sie als Betrügerin registriert und musste bei jeder einzelnen Auskunft umfangreich darlegen, dass sie nicht diejenige war, die die Waren bestellt hatte.
Emotionale Belastungsprobe
Auch emotional hat dieses Jahr Tina Groll sehr geprägt. Vor allem die Tatsache, dass ihr keiner sagen konnte, wer die Täter sind, warum sie das tun und wann sie wieder damit aufhören, hat sie belastet. Bis heute weiß sie nicht, ob die Betrüger ihre Daten über das Netz oder analog abgefischt haben.
Ihre Erfahrungen hat die Journalistin zusammen mit einem Kollegen in dem Buch "Die Cyber-Profis – Lassen Sie Ihre Identität nicht unbeaufsichtigt" geschildert. Heute sieht Tina Groll die Verantwortung vor allem bei Unternehmen wie Facebook oder Twitter, die unsere Daten massiv schützen sollten.
"Ich sehe ganz klar all die Datenverarbeitenden Unternehmen wie Facebook, Twitter und Co in der Pflicht, die Nutzerdaten ganz massiv zu schützen. Das ist ein hohes, wertvolles Gut."
Grundsätzlich seien die Zweifaktor-Authentifizierung, das Verwenden von kryptischen Passwörtern und auch Passwort-Manager hilfreich. Vor einem analogen Datendiebstahl, wie sie ihn erlebt hat, kann man sich jedoch kaum schützen, sobald einmal Name und Geburtsdatum in der Öffentlichkeit aufgetaucht sind.
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