"Mephisto" und Jacob sind zwei der Aktivist*innen der Gruppe "Die letzte Generation". Mit einem Hungerstreik machten sie auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam. Sie erzählen, warum sie das gemacht haben und wie es ihnen dabei erging.
Seit ein paar Tagen ist der Streik der Gruppe "Die letzte Generation" in Berlin nun vorbei. Über 27 Tage lang – bis vergangenen Samstag (25.09.) – waren verschiedene Aktivist*innen dort im Hungerstreik. Zuletzt verweigerten einige auch das Trinken. Mit ihrem, zunächst unbefristeten Streik wollte die Gruppe auf die Dringlichkeit der drohenden Klimakatastrophe aufmerksam machen. Außerdem wollten sie erreichen, dass die drei Kanzlerkandidat*innen vor der Bundestagswahl mit ihnen sprechen.
"All diese Aktionsform haben nie in ihrer Deutlichkeit kommunizieren können, dass es bei der Klimakatastrophe um Leben oder Tod geht."
"Mephisto", die sich für Aktionen so nennt und Jacob waren zwei dieser Hungerstreikenden. Beide trafen die Entscheidung, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, weil Demonstrationen und andere Aktionen politisch keine Erfolge erzielt hätten, wie sie erzählen.
Hungerstreik als letztes Mittel
Vor allem für "Mephisto" sei die Entscheidung für den Hungerstreik kein leichter Schritt gewesen, wie sie erzählt. "Ich habe anfangs ein bisschen skeptisch darauf geguckt, weil der Hungerstreik geschichtlich immer als allerletztes Mittel angewandt wurde. Er wurde von Menschen genutzt, die wirklich nicht weiterwussten und die sehr verzweifelt waren", sagt sie.
Letztlich entscheidet sie sich auch für diese Protestform, weil sie das Gefühl hat, handeln zu müssen. "Ich möchte nicht in 20 Jahren, wenn alles zugrunde geht, sagen ich habe nicht mein Bestes gegeben", erklärt sie.
Wie der Streik für Freund*innen und Familien war
Die Entscheidung, in den Hungerstreik zu gehen, ist nicht nur für die Aktivist*innen sondern auch für ihr Umfeld belastend. "Mephisto" erzählt, dass ihr ziemlich viele Menschen gesagt hätten, dass sie das lassen solle, dass sie doch auch auf andere Arten protestieren könne.
"Es war ein sehr harter Prozess, weil ich mich von Freunden und Familie erst mal verabschiedet habe."
Auch Jacobs Umfeld sei vor dem Hungerstreik sehr besorgt gewesen. Viele Menschen hätten Angst um sein Leben gehabt, erzählt er. "Ich wollte leben, ich wollte nie sterben. Und gleichzeitig war mir klar, dass es passieren kann", sagt er. "Ich wusste, dass ein Risiko besteht, wenn ich mehrere Tage, Wochen nichts esse, dass so etwas wie ein plötzlicher Herztod kommen kann. Dass ich Folgeschäden tragen werde, die den Rest meines Lebens beeinflussen können."
"Es ist einfach unfassbar hart, wenn man seine Gesundheit aufs Spiel setzt und weiß: 'Ich quäle mich hier total. Ich geh so hart an meine Grenzen und alles, was wir verlangen, ist ein Gespräch.'"
Für ihre Ziele sind die Aktivist*innen bereit, über ihre psychischen und physischen Grenzen zu gehen. Jacob musste während des Streiks sogar zweimal im Krankenhaus behandelt werden – einmal kollabiert er, einmal hat er Probleme mit dem Herz. Doch das hält ihn nicht davon ab, weiter zu machen: "Beide Male war es so, dass mir dieser Aufenthalt im Krankenhaus mich wieder darauf besinnen lies, warum ich das Ganze tue. Deshalb bin danach auch weiterhin in den Hungerstreik gegangen", sagt Jacob.
Warum die Aktivist*innen aufgeben mussten
Als Jacob beschließt, den Hungerstreik zu beenden, hat er 17 Prozent seines Körpergewichts verloren, erzählt er. Für ihn liege das im lebensgefährlichen Bereich. "Dementsprechend habe ich gesagt: 'Okay, ich muss jetzt aufhören, bevor ich sterbe."
"Ich war sehr, sehr schwach, als ich den Hungerstreik aufgehört habe. Ich war wirklich an der Überlebensgrenze."
"Mephisto" gibt auf, weil sie irgendwann "absolut an ihre Grenzen" kommt. "Das Ziel unserer Aktion war ja nicht, dass wir sterben, sondern, dass unsere Forderungen erfüllt werden. Unsere Forderungen wurden nicht erfüllt. Aber an dem Punkt, wo ich aufgehört habe, hatten wir schon sehr viel erreicht und mehr erreicht, als ich mir das hätte vorstellen können", erklärt sie.
Annalena Baerbock (Grüne) und Robert Habeck (Grüne) waren noch während des Streiks im Camp und sprachen mit den Aktivist*innen. Sowohl Olaf Scholz (SPD) als auch Armin Laschet (CDU) boten Gespräche für die Zeit nach der Bundestagswahl an. "Mephisto" und Jacob sagen, dass sie sich inzwischen von den körperlichen und seelischen Strapazen des Hungerstreiks erholt haben und bereits neue Aktionen planen. "Mir geht es körperlich und geistig schon wieder deutlich besser", sagt "Mephisto".
Hinweis der Redaktion:
In einer vorigen Fassung wurde berichtet, dass Armin Laschet nicht auf den Gesprächswunsch der Protestierenden reagiert habe. Das ist nicht richtig, auch Armin Laschet hat Gespräche für die Zeit nach der Wahl angeboten.
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