• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Ein Hufeisen, die CDU in der Mitte. An den beiden Enden die extremen Parteien rechts wie links, die sich programmatisch annähern. Ein Bild, das der CDU zurzeit recht gelegen kommt - ein Politikwissenschaftler hält es für überholt.

Die meisten CDU-Mitglieder, die etwas zu sagen haben, werden aktuell nicht müde zu betonen, dass die CDU weder mit der AfD noch mit den Linken zusammenarbeitet. Denn beide Parteien gehörten zum extremen politischen Spektrum und seien sich in gewisser Weise sogar ähnlich.

Diese Auffassung lässt sich mit einer Metapher beschreiben: Dem Hufeisen. Dem liegt im politischen Sinne die Hufeisen-Theorie zugrunde, die an diversen Stellen gerne zitiert wird.

"Aus heutiger Sicht ist die Hufeisentheorie ein bisschen überholt, weil sie sehr eindimensional ist."
Marcel Solar, Politikwissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Die Hufeisentheorie ist grob gesagt eine Extremismustheorie, in der alle politische Meinungen auf einem Hufeisen platziert werden: In der Mitte halten sich die Parteien, Gruppen und Personen auf, die sich der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlen.

Von dort geht es nach links und rechts bis in die extremistischen Spitzen des Hufeisens. Dort, so die Theorie, sind sich links- und rechtsextremistische Gruppen näher als den Parteien der Mitte.

AfD und Linke gleich schlimm

Aus Sicht der CDU sitzt die Partei ziemlich genau in der Mitte dieses Hufeisens. Und die Bereitschaft mit den linken und rechten Extremen zusammenzuarbeiten, nimmt ab einem bestimmten Punkt dieses Hufeisens ab. Kurz gesagt: AfD und Linke sind beide gleich schlimm.

Das nimmt der CDU den Spielraum für politische Koalitionen. Auf dem Bundesparteitag 2018 hat die Union sich auf einen Platz geeinigt: Man wird keine Koalition oder ähnliche Zusammenarbeiten mit AfD oder Linken eingehen. "In Verbindung mit der Hufeisentheorie ist das eine Gleichsetzung beider Parteien", sagt Marcel Solar, Politikwissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. "Damit hat man sich die Türen komplett zu gebaut."

Hufeisentheorie zu oberflächlich

Allerdings hält Marcel Solar die Hufeisentheorie nicht mehr für zeitgemäß: "Aus heutiger Sicht ist die Hufeisentheorie ein bisschen überholt, weil sie sehr eindimensional ist." Parteien ließen sich auf solch einer simplen Skala nicht verorten.

Wolle man schauen, wie extremistische oder radikale Kräfte handeln, müsse man tiefer gehen: Wie sehen die Strukturen aus, welche Organisation gibt es, welche Ideologie steckt dahinter?

Solar: AfD und Linke nicht gleichzusetzen

Insofern sind für den Politikwissenschaftler auch die AfD und die Linke nicht gleichermaßen auf diesem Hufeisen anzusiedeln, gerade mit Blick auf die Situation in Thüringen. Auf der einen Seite steht der ehemalige Ministerpräsident Bodo Ramelow, für Solar ein Pragmatiker, der sozialliberale Politik mache. Und auf der anderen Seite die Höcke-AfD, die rassistisch argumentiere und die freiheitlich-demokratische Grundordnung verlassen hätte.

Darum kann sich Marcel Solar für die CDU vorstellen, von ihrem Grundsatz "Keine Kooperation mit AfD und Linken" abzuweichen, so es inhaltlich passen würde. "Die CDU kann sagen 'Wir können uns eine Zusammenarbeit nach Links vorstellen", so Solar. "Nach Rechts sehe ich das in der Verfassung der AfD eher nicht." Aber das müsse die Union selbst bewerten.

Shownotes
Extremismustheorie
Die CDU und die Hufeisentheorie
vom 11. Februar 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Marcel Solar, Politikwissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf