Wer ein Foto rebloggt, für das nicht die Rechte des "Schöpfers" vorliegen, kann zivil- und strafrechtlich verfolgt werden. Dasselbe gilt für Texte und Kopien von Gemälden, die beispielsweise auf Facebook weitergeleitet werden. Dennoch passieren solche Verstöße jeden Tag weltweit millionenfach. In Deutschland ist das entsprechende Verbot im Urheberrechtsgesetz geregelt.
Nach Ansicht des Philosophen Reinold Schmücker von der Universität Münster denken sich viele Menschen nichts dabei, wenn sie ganz spontan auf die Idee kommen, ein offiziell geschütztes Werk weiterzuleiten, oft noch verändert durch eigene Kommentare oder per Bildbearbeitung. Das Urheberrechtsgesetz schützt jedoch im Wesentlichen noch immer einseitig die Hersteller.
"Unseres Erachtens ist die erhebliche Diskrepanz zwischen der rechtlichen Bewertung und dem im Alltag mit vielen Kopierhandlungen verbundenen fehlenden Unrechtsbewusstsein ein Indiz für ein normatives Defizit."
Hinzu kommt, dass sogar Künstler sich immer mehr von ihren eigenen Werken lösen möchten. Zumindest ein Teil von ihnen erfreut sich inzwischen daran, wenn ihre Produkte möglichst oft von anderen publiziert werden - ob im Original oder verändert. Einer von ihnen ist der Brite David Hockney, der seine Zeichnungen nicht mehr als Unikate verstanden haben will.
"Ich zeichne täglich Blumen und schicke sie an Freunde, damit sie jeden Morgen frische Blumen bekommen. Und meine Blumen halten sich."
Sie halten sich so gut, dass die User sie weiterverschicken und sich deren Adressaten wieder genau so verhalten. Irgendwann können User oft gar nicht mehr feststellen, von wem welches Bild stammt und wie es ursprünglich ausgesehen hat. Nach dem Urheberrecht aber müssen sie genau dies alles in Erfahrung bringen, bevor sie es rebloggen.
Weil in diesem digitalen Flow, bei dem es um Schnelligkeit und möglichst viele Follower geht, die Spontaneität durch das Gesetz zerstört wird, haben sich Wissenschaftler mit solchen Fragen beschäftigt. Fast zwei Jahre lang sind sie am Zentrum für interdisziplinäre Forschung, dem ZiF in Bielefeld, den Fragen einer "Ethik des Kopierens" nachgegangen.
"Es spricht somit viel dafür, das Posten und Rebloggen von Bildern zumindest innerhalb der sozialen Medien freizugeben und nicht länger unter den Schutz des Urheberrechts zu stellen."
Die Ergebnisse der Forschungsgruppe sind unter anderem in einer Stellungnahme vom 24. Februar 2017 an das Bundesjustizministerium weitergeleitet worden. Die Diskussionen darüber, das Urheberrechtsgesetz laufend an die neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen zu müssen, reißen nicht ab.
- Ethik des Kopierens | ZiF - Zentrum für interdisziplinäre Forschung
- Stellungnahme der Forschungsgruppe | Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
- 1000-mal kopiert - trotzdem echt | Zeit Online
- Über den Kick beim Rebloggen | irights.info
- Die Ethik des Kopierens | Deutschlandfunk