Flüchtlingskrise, Masseneinwanderung, eine kopflose Regierung, Überforderung. Hilfe, was passiert da gerade? Ganz ruhig, sagt Volker Heins, lasst uns die Sache mal anders betrachten: Was wir gerade erleben, könnte der Anfang von etwas richtig Gutem sein.
Nichts weniger als den Anfang einer neuen, offeneren, weltzugewandten Kultur erhofft sich der Sozial- und Kulturwissenschaftler Volker Heins vom Kulturwissenschaftlichen Institut Essen von den gegenwärtigen Migrationsbewegungen. Ein Bruch mit unserer dunklen Geschichte, der Anfang eines selbstbewussten Yes-we-can-Deutschlands, in dem große Teile der Bevölkerung kompetent und engagiert mit den Herausforderungen umgehen, die die Neuankömmlinge mit sich bringen.
"Meine These ist, dass sich eine Art umgekehrter Zivilisationsbruch angedeutet hat mit der Geschichte des dunklen Kontinents. Ein Bruch mit der Kultur des Rassismus, der kolonialen Unterdrückung und der Massendeportation."
Ein rosarotes Traumbild? Dass es schwierig werden könnte, gibt Heins zu. Denn dass die Entwicklung in Richtung Willkommenskultur weiter geht, hält auch er für keineswegs sicher. Die Geschichte, die von rechtspopulistischen Kreisen erzählt wird, ist einflussreich und mächtig. Nämlich, dass wir in einer akuten Krise stecken, in der Eindringlinge unsere Gesellschaft bedrohen. Besonders Muslime.
"Muslimen, die sich anpassen und völlig säkular erscheinen, wird vorgeworfen, dass sie sich verhalten wie der als Großmutter getarnte Wolf im Märchen, der das Rotkäppchen täuscht, um es besser fressen zu können."
Was heißt es, Europäer zu sein? Was meinen wir mit Willkommenskultur? Welches sind unsere humanen Werte? Wie sehen wir unsere Rolle in der Welt? Mit all dem beschäftigt sich Heins in seinem Vortrag.
Volker Heins ist Professor für Sozialwissenschaften an der Uni Bochum und Leiter des Forschungsbereichs "Interkultur" am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. Sein Vortrag trägt den Titel "Spiegel der Menschheit? Die Zukunft der Migrationsmaschine Deutschland". Er hat ihn am 2. Juni 2016 in Aachen gehalten, im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Populismus und Extremismus in Europa", die von der Initiative "Europäische Horizonte" organisiert wird. (Hier geht es zu einem weiteren Hörsaal aus dieser Reihe: "Wir hier unten, die da oben")